Ulf Torreck

Ulf traf ich in einer verrauchten Kneipe auf der Karl-Liebknecht-Straße. Manche Menschen schließt du sofort in dein Herz. Wir redeten und verstanden uns sofort. Er erzählte mir von seinem Engagement in Zeitz und wie er probiert Kultur in kleine Städte und Dörfer zu bringen. Nach einer halben Stunden, wagten wir uns nach draußen, um ein paar Fotos aufzunehmen. Was Ulf alles sonst noch so erlebt hat, könnt ihr jetzt hier nachlesen:

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Ich habe zusammen mit dem Schriftsteller Michael Schweßinger und dem Autoren und Lyriker M. Kruppe den Verein Wort und Klang gegründet, der Kukturveranstaltungen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen organisiert. Wir hatten dabei eigentlich nie vordringlich einen politischen Aspekt im Auge, uns ging es um Kultur, Lesungen und Konzerte. Aber Kultur, Lesungen, Konzerte, Ausstellungen findet ja nie völlig losgelöst von Politik und politischer Auffassung statt. Zumal wir alle bei Wort und Klang, von Haus aus aus der linken, bzw Links liberalen Ecke des Meinungsspektrum kommen, war klar, dass sich dies auch in der Auswahl der Künstler niederschlägt, die wir engagieren und mit denen wir arbeiten. Kultur ist per se ja auch dem Aufklärungsgedanken verpflichtet und ich finde es gehört auch ein wenig mehr zu einer wirklich gelungenen Veranstaltung als dem Publikum ein paar Schenkelklopfer zu servieren. Kultur soll ja auch aufregen, aufrütteln, anecken.

Was sind deine Aufgaben?

Ich verfasse regelmäßig Kolumnen für eine Leipziger Zeitung, in denen ich mich – zuweilen sehr spitz bis an den Rand des Zumutbaren – mit der AfD, Rassismus und Neonazitum auseinandersetze. Das führt dann regelmäßig auch zu einer erhöhten Frequenz an dumpfen Drohmails und Messages. Aber anzuecken das gehört einfach auch zum Beruf des Schriftstellers, das ist in Kauf zu nehmen. In meinen Romanen setze ich mich – bei aller Spannung und aller reinen Technik, die zu einem guten Unterhaltungsroman gehören – immer auch mit Rassismus und Ausgrenzung auseinander. Das reicht vom Alltagsrassismus, dem ein schwarzer Polizist in einer deutschen Metropole ausgesetzt wird und der erheblich subtiler aber eben auch vielfältiger ausfallen kann, als man es vielleicht vermuten mag und geht bis hin zu zwei historischen Thrillern, die ich über die NS Zeit verfasste und darin eben auch Mechanismen einer totalitären Herrschaft aufzeige. Bemerkenswert dabei ist dass die Publikumsreaktion auf solche Bücher deutlich differenzierter ausfällt als die auf meine Kolumnen bei der Leipziger Zeitung. Die wie oben erwähnt schon mal in dumpfen Drohungen bestehen können.

Wofür kämpfst du?

Grundvorausetzung meines Jobs ist Freiheit. Das ist eines der grossen Worte, die so breit aufgestellt sind, dass sie von Gaulands Provokationen bis hin zu den Bekennerschreiben der RAF auftauchen. Dennoch ist es in diesem Fall gerechtfertigt, Freiheit ist die Grundvoraussetzung dafür Kultur und Kunst produzieren zu können. Jedenfalls dies unbehelligt tun zu können. Es gibt aktuell immer wieder Bestrebungen die Kunstfreiheit einzuschränken, so forderte ja erst im Sommer fieses Jahre die Leipziger AfD eine Gesinnungsprüfung von Künstlern und Kulturschaffenden. Und das ist ja eines der Markenzeichen dieser Partei, neben den Bemühungen die Begriffs- Kampfzone auszuweiten, auch die Kultur und Subkultur möglichst einseitig zu beschneiden. Das ist selbstverständlich ein naiver Ansatz, den man da verfolgt. Aber man verfolgt ihn nichtsdestotrotz sehr entschlossen.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Ich weiss gar nicht ob man sagen könnte, dann und dort an diesem oder jenem Tag ist mir bewusst geworden, dass man gegen Rassismus, Einschränkung von Bürgerrechten und Neonazismus ankämpfen müsste. Ich bin jedenfalls alt genug um noch als Jugendlicher an den Montagsdemos und Friedensgebeten in Leipzig teilgenommen zu haben. Wenn überhaupt dann war da wohl der Beginn meines Engagements. Aber ich komme auch aus einer recht politisch zumindest interessierten Familie, bei uns spielte Politik als Gesprächsthema schon immer ganz selbstverständlich eine Rolle. Auch schon während der DDR-Ära.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?


Die Bürgerrechtsbewegung 1989 hat mich daher wohl am nachhaltigsten geprägt. Diese Ereignisse erlebt zu haben verleiht auch eine gewisse Selbstgewissheit und Sicherheit. Bei aller durchaus angebrachter Vorsicht und durchaus notwendigem Kampf fällt es mir schwer eine von Nazis und Rassisten durchsetzte AfD auch nur mittelfristig als Regierungspartei in einem Landtag zu sehen. Die größte Gefahr die von denen ausgeht ist eben meiner Meinung nach die Verschiebung von Diskursen und Begriffsbesetzungen. Das ist gefährlich genug. Aber die AfD ist mit ihrer Prägung durch stumpf spießige alte weisse Männer und gekränkte Ost und Westalgiker noch längst keine neue NSDAP. Aber in ihrer politisch ideologischen Bugwelle konnte sich eine solche durchaus auch heranbilden. Das ist eine gespenstische Vorstellung.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Ich bin ein grosser Fan von dem guten alten Konzept des gegenseitigen Zuhöhrens, daran fehlt es vielleicht gerade am meisten. Andererseits ist auch eine neue Art von Herablassung der Leute gegenüber Kultur und vor allem auch Subkultur zu beobachten. Das zu ändern ist auch etwas wofür ich mich gern und häufig einsetze.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Von den vielen Menschen, Werken und Gedanken, die einen im Laufe des Lebens politisch prägen, fällt mir aktuell vor allem Hannah Arendt mit ihrem Freiheit und Bürgerpflichtbegriffen ein, aber auch Vaclsv Havel, der Theaterautor, frühere tschechische Dissident und spätere liberale Staatspräsident.

 

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Oha, das wechselt ja ziemlich häufig, aber ich mag gerade den neuen Ärzte Song „Wieder da“ sehr. Und ich hatte auch Glück und Karten für ihr Leipziger Konzert nächstes Jahr ergattert.

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Ich würde die Summe splitten und jeweils die Hälfte an Sea Shepherd und eine der Seerettungsorganisationen im Mittelmeer spenden.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Ort der Aufnahme: Feinkost, Leipzig

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