René Arnsburg

Kalt ist es vor dem Gewandhaus geworden. Draußen eine Demo von „Verlage gegen Rechts„, im inneren wird gerade die Buchmesse eröffnet. René spricht auf der Bühne und mahnt an, dass es immer noch völkische Stände auf der Buchmesse vorhanden sind, gleichzeitig bemerkt er aber auch den Fortschritt, dass es weniger geworden sind. René engagiert sich aktiv und arbeitet bei einem Verlag, aber lest selbst: 

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

In letzter Zeit bin ich wahrscheinlich am meisten als ein Vertreter des Bündnisses „Verlage gegen Rechts“ in Erscheinung getreten. Dort versuche ich, mit anderen Menschen aus der Literaturbranche dem Erstarken der Rechten etwas entgegenzusetzen. Gerade während der Leipziger Buchmesse 2018 bekamen wir viel Aufmerksamkeit in den Medien und tatsächlich – in diesem Jahr waren mehrere rechte Verlage nicht mehr auf der Messe vertreten.

Seit vielen Jahren bin ich immer wieder als Mitglied der SAV – Sozialistische Alternative in verschiedenen Bereichen aktiv, egal, ob es gegen Megaprojekte wie Stuttgart 21, das Verhindern von Naziaufmärschen ging oder um die Gründung eines Betriebsrats in einer Firma, für die ich arbeitete. Dementsprechend bin ich auch seit Jahren Mitglied der Gewerkschaft ver.di und bekleide dort ehrenamtliche Funktionen. Beruflich bin ich auch politisch: Als Mitarbeiter des Manifest Verlags will ich nicht nur Bücher zum Selbstzweck verlegen, sondern als Unterstützung, um die Welt zu ändern. Eines davon habe ich 2017 sogar selbst geschrieben, bin also quasi sogar Autor, wenn auch nur eines Sachbuches in vieler Artikel.

Was sind deine Aufgaben?

Das ist ganz davon abhängig, was gerade notwendig ist. Für Verlage gegen Rechts bin ich unter anderem als Teil des Presseteams aufgetreten, übernehme aber alles Mögliche an Aufgabe wie Veranstaltungsplanung, Moderation, Druck von Material. In den anderen Bereichen sieht es sehr ähnlich aus. Vor allem als Verlagsmensch mache ich alles vom Auswählen der Texte bis zur Anlieferung in (Berliner) Buchhandlungen.

Wofür kämpfst du?

Ich kämpfe für eine wirklich sozialistische Zukunft. Das sage ich ganz bewusst in Abgrenzung zu den Bürokratien, die in der Sowjetunion oder der DDR das Sagen hatten. Sozialismus ohne politische Demokratie funktioniert nicht, wirkliche Demokratie allerdings auch nicht, wenn wir die Grundlagen der Wirtschaft und Gesellschaft nicht in unsere eigenen Hände nehmen. Dass der Kapitalismus das Überleben der Menschheit auf ein absehbares Ende verkürzt, dürfte gerade einer größeren Schicht von Leuten klar werden.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Mein organisierter Kampf hat irgendwann 2002 oder 2003 begonnen, als ich anfing, mich antifaschistisch im Havelland (Land Brandenburg) zu betätigen. Als Kind einer alleinerziehenden Arbeiterin, die mit dem Mauerfall, genau wie die Großeltern, ihren Job verlor und sozial abstürzte, war das Leben ni den 90ern allerdings irgendwie immer Kampf.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Es gab viele politische Ereignisse, die mich prägten. Indirekt natürlich die Wende, die ich nicht bewusst mitbekam, die mich aber genauso wie meine ganze Generation prägte, die zu jung ist, um die revolutionäre Massenbewegung 1989 selbst erlebt zu haben, aber nicht alt genug, als dass die Depression der Zeit nach der Vereinigung unter dem Vorzeichen des Kapitalismus spurlos an uns vorbei gegangen wäre.

Politisch war eine Erkenntnis ganz entscheidend für meinen Werdegang: Als ich 17 war, glaubte ich noch an meine Selbstbefreiung und setzte mich auf mein Rad, brach die Schule ab, verließ meine zerbrochene Familie. Nach einigen Wochen des Umherirrens ohne festen Wohnsitz wurde mir klar, dass ich mich nicht einfach aus der Gesellschaft herauslösen kann und will, also diese ändern muss. Im Laufe der nächsten Jahre verfestigte sich das zu der Erkenntnis, dass ich mich dafür organisieren muss. Nach der Lektüre einiger marxistischer Klassiker, ging mir ein Licht auf, dass das eine revolutionäre Organisation sein müsste. Man könnte sagen, dass mein Eintritt in die SAV quasi die Schlussfolgerung aus meiner Erfahrung einige Jahre zuvor war.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Eigentlich alles. Zuallererst die Grundlagen der Gesellschaft – die Betriebe gehören in die Hände derer, die darin arbeiten. Wenn wir demokratisch und planmäßig darüber entscheiden, was wie produziert wird und wie es verteilt wird, können wir endlich die Umweltvernichtung, Kriegen und der obszönen Anhäufung von Reichtum in wenigen Händen beenden. Damit wäre rechten Ideologien auch nachhaltig der Boden entzogen, auf dem sie gerade so gut gedeihen und uns spalten. Davon ausgehend, können wir uns um die gesamte Reorganisation der Gesellschaft im Interesse aller kümmern.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Ich bewundere alle Menschen, die die Kraft finden, aktiv zu werden, auch wenn scheinbar alles dagegen spricht. Clara Zetkin ist ein gutes Beispiel dafür. Sie wurde zu einer Zeit Teil der sozialistischen Arbeiterbewegung, als selbst viele ihrer eigenen Parteigenossen gegen die politische Organisierung von Frauen waren. Bis zu ihrem Lebensende blieb sie eine Revolutionärin, die entsprechend ihrer Überzeugungen handelte, dass eine Zukunft ohne den Alptraum des Kapitalismus möglich wäre.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Ich höre viel, aber kaum ein Album habe in in letzter Zeit so oft rauf und runter gehört wie „Blei“ von Lena Stoehrfaktor. Das lief wahrscheinlich 50 Mal nacheinander. Auf der Platte ist eigentlich jeder Track ein Lieblingslied. Heimlicher Favorit ist aber „Flunkyballs“, der für alle ist, die früher schon nicht cool genug für die alternative Clique waren und nicht die richtigen Klamotten trugen.

(Diese Songs findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Wenn mir jemand 5.000 Euro schenkt, würde ich es sowieso spenden und würde vor allem erst einmal in den Bereichen, in denen ich aktiv bin, darüber diskutieren, wohin es am besten gehen soll.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Informationen über die SAV gibt es hierhttps://www.sozialismus.info/
Verlage gegen Rechts: https://verlagegegenrechts.com/
Manifest Verlag: https://www.manifest-verlag.de/
Texte von mir gibt es zum Beispiel in diesem Buch: https://manifest-buecher.de/produkt/maschinen-ohne-menschen/

Ort der Aufnahme: Gewandhaus, Augustusplatz

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