Dr. Marco Helbig

Ich laufe fast jeden Tag an dem Ariowitsch-Haus vorbei, irgendwann kam mir der Gedanke: „Warum hab ich eigentlich von dort noch niemanden für mein Projekt fotografiert?“ Als ich dann von Marco und seinem Projekt  „Rap Against Hate!“ hörte, war ich sofort Feuer und Flamme. Wir trafen uns und er zeigte mir das gesamte Haus. Wir redeten darüber, was unsere Lebensaufgaben ist und wer uns wie geprägt hat. Aber lest mal selbst:

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Aktuell bin ich beim Zentrum für jüdische Kultur „Ariowitsch-Haus“ e.V. in Leipzig angestellt und habe dort das Projekt „Rap Against Hate!“ aufgebaut und realisiert. Das Projekt erarbeitet über Rap-, Graffiti- und Foto-Workshops Methoden, sich gegen Antisemitismus, Rassismus und Sexismus zu wehren.

Im Allgemeinen engagiere ich mich auf vielen Gebieten. Diese alle zu benennen könnten hier den Rahmen sprengen. Dies liegt daran, dass ich als Musiker (Der Reimteufel) zusammen mit der RapperIn Suncalina seit Jahrzehnten Konzerte spiele und die Gagen spende. So spielten wir gegen Naziaufmärsche, gegen Kohleabbau, gegen Ausgrenzung im Allgemeinen, für Unterkünfte für Geflüchtete und vieles mehr.

Was sind deine Aufgaben?

Bei „Rap Against Hate!“ bin ich Projektorganisator und Dozent der Rap-Workshops. Außerdem betreue ich die Webseite, die Socialmedia-Arbeit und die grafischen Gestaltung.

Wofür kämpfst du?

Für eine Welt ohne Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Speziesismus. Hierfür muss ein viel breiteres Verständnis geschaffen werden. Wir leben aktuell in einer Welt, in welcher die Angst vor einer Veränderung Hass entfacht und dies bedeutet für mich, dass man sehr viel Arbeit und Energie in den Abbau von Vorurteilen und Ängsten steckt.

Die Veränderungen, die vor uns allen liegen sind unabdingbar und deshalb muss die Gesellschaft dieses anerkennen und zusammen für die Umsetzung arbeiten.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Als ich als Kind erstmals bewusst die Gewalt meiner Familie wahrgenommen habe, begann der Kampf gegen Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung. Ein weiterer Schlüsselmoment waren die Angriffe auf Unterkünfte in Lichtenhagen und Hoyerswerda.

Danach begann ich meine ersten Texte zu schreiben und es war mir klar, dass ich politisch und sozialkritisch arbeiten muss. Als mir dann bewusst wurde, wie wir Menschen mit Tieren umgehen, war der Entschluss gefasst, vegan zu leben. Leider kam diese Entscheidung viel zu spät. Ich hätte mich hierfür schon viel früher entscheiden sollen.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Es gibt keinen wirklichen Schlüsselmoment. Ich würde vielleicht meine Machtlosigkeit als Kind gegenüber den Erwachsenen und ihrem Handeln gegenüber Schwächeren als extrem prägend für mich bezeichnen. Außerdem ist es so, wenn ich Lebewesen leiden sehe oder ich erkenne, wie man bewusst die Umwelt zerstört, dann prägt mich das aufs Neue mich zu engagieren.

Auch die Geschichten von Menschen, welche ich in meinem Leben treffe prägen mich immer wieder neu. Ich lebe von diesen Geschichten, denn sie machen mein Handeln aus. Dazukommend habe ich das unglaubliche Glück, immer wieder Menschen zu treffen, die es gut mit mir meinen und von denen ich sehr viel lernen kann.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Alles! Es scheint gerade so, als würde sich die Menschheit mit voller Kraft in einen Abgrund stürzen. Das macht mich an vielen Punkte traurig, denn, wenn man zwei kleine Kinder hat, möchte man sich später nicht entschuldigen müssen, dass man zu wenig für eine Verbesserung der Lage getan hat.

Leider ist die Welt so komplex, dass es schwerfällt, als einzelner da etwas zu ändern. Aber ich glaube daran, dass dies funktioniert. Es gibt viele junge Menschen, die sich engagieren und an denen auch ich mir immer wieder ein Beispiel nehme und meine Sichtweise in Frage stelle.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Schwere Frage, denn leider habe ich oft die Menschen, welche ich bewunderte kennengelernt und festgestellt, dass sie die von mir in sie projizierten Eigenschaften nur schwerlich halten können.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Leonard Cohen: “Partisan”

Einer meiner ewigen Lieblingssongs. Immer wieder höre ich diesen Song und frage mich, wie weit ich bereit bin für die Freiheit meiner Familie, vieler Freunde oder der Menschheit zu gehen. Mich bringt dieser Song zum Nachdenken und dazu immer noch einen Schritt weiter zu gehen. Denn das Infragestellen seines eigenen Handelns gegenüber dem Wohl der Welt sollte oberste Prämisse sein.

(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Ich glaube, ich würde die Organisationen unterstützen, welche ich auch jetzt schon supporte.

Amnesty InternationalRote HilfeTierbefreierSea-Watch und noch einige Gruppen, welche keinen gemeinnützigen Status haben aber an vielen Stellen agieren, an welchen ich mich nicht aktiver engagieren kann.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Ort der Aufnahme: Ariowitsch-Haus, Leipzig

 

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