Marianne Thum
„Hey, ich bin die Marianne, schön dass du da bist!“ – So wurde ich nach meiner Anreise in Pirna begrüßt. Ein Stuhlkreis war aufgebaut und mehrere Leute, die sich für das Projekt interessierten, saßen auf einmal vor mir. Wir tauschten uns ein paar Minuten aus und zogen dann durch die verregneten Straßen von Pirna. Mir wurde viel über die Stadt erklärt und mit was für Problemen man vor Ort zu kämpfen hat. Dabei erzählte Marianne mir auch das bald der Frauenstreiktag in Pirna bevorsteht und sie sich sehr darauf freue. Was sie bisher alles sonst erlebt hat, könnt ihr hier nun nachlesen:
Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?
Seit drei Jahren arbeite ich im Verein AG Asylsuchende Sächsische Schweiz-Osterzgebirge e.V. und leite gemeinsam mit meiner Kollegin Annette Hickmann das Internationale Begegnungszentrum in Pirna. In meiner jahrzehntelangen Berufstätigkeit hatte ich immer die Möglichgkeit, mich für Menschenrechte und Gleichberechtigung und gegen Gewalt und Rassismus engagieren zu können, viele Jahre im autonomen Frauenschutzhaus in Pforzheim, in der Beratungsstelle für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt des RAA Sachsen e.V. in Dresden und jetzt in der Arbeit mit Geflüchteten in Pirna. Gemeinsam mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern bin ich so oft wie möglich öffentlich in Erscheinung getreten, um gegen rassistische und menschenverachtende Umtriebe zu demonstrieren. Gleichzeitig war und ist mir der Schutz von misshandelten und unterdrückten Frauen und deren Kindern ein besonderes Anliegen. Hierzu habe ich immer wieder an Podiumsdiskussionen und Demonstrationen teilgenommen. In diesem Jahr wird es zum Internationalen Frauentag am 8. März, der zum bundesweiten Frauenstreiktag ausgerufen wurde, eine feministische Demonstration und Kundgebung in Pirna für die Gleichberechtigung von Frau und Mann geben.
Was sind deine Aufgaben?
Im Internationalen Begegnungszentrum Pirna bieten wir die Möglichkeit der Begegnung von geflüchteten und einheimischen Menschen, um gegenseitige Vorurteile abzubauen, Kontakte zu knüpfen und bestenfalls Freundschaften auf den Weg zu bringen. Wir wollen einen wichtigen Beitrag für ein selbstverständliches Miteinander in der Gesellschaft leisten. Hierzu finden verschiedene regelmäßige Angebote wie Deutschunterricht, Frauentreff, Sprachcafé, Kreativangebote wie Gymnastik, Tanz und Nähen, unsere Fahrradwerkstatt und unser Projekt zum Empowerment zur Selbsthilfe statt. Darüberhinaus bieten wir Einzelveranstaltungen zu gesellschaftspolitischen Themen an.
Wofür kämpfst du?
Ich kämpfe für eine Welt ohne Gewalt, ohne Rassismus, ohne Lesben- Schwulen und Transfeindlichkeit, ohne sexuellen Missbrauch von Kindern. Jedes Kind sollte das Recht auf eine gewaltfreie, unbeschwerte und glückliche Kindheit haben. Dieser Kampf ist mühsam und hört nie auf. Wichtig ist, den Mut nicht zu verlieren. Jede und jeder kann etwas tun, immer da, wo sie oder er steht. Mir ist es wichtig, anderen von meiner überschüssigen Energie, Kraft und Lebensfreude abzugeben und ihnen Mut zu machen, sich zu wehren.
Wann hat dein Kampf begonnen?
1984 bin ich von der Nordsee nach Baden-Württemberg gezogen. Nach meiner damaligen beruflichen Tätigkeit in einem Anwaltsbüro war es mir wichtig, mich beruflich zu verändern. Ich war fest entschlossen, mich parteilich für Frauen und Kinder einzusetzen. Bereits in der ersten Woche nahm ich Kontakt auf zum Frauenschutzhaus Pforzheim/Enzkreis und engagierte mich gemeinsam mit anderen Frauen.
Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?
Für mich gibt es kein herausragendes einzelnes Ereignis, was mich geprägt hat. Ich kann aber sagen, dass 14 Jahre Arbeit in einem Frauenschutzhaus eine immense Vielzahl von Ereignissen mit sich gebracht hat, die mich ermutigt und gestärkt haben, nie aufzuhören mit dem Kampf gegen menschenverachtendes Verhalten.
Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?
Es gäbe soviel zu ändern, dass eine neue Welt her müsste. Bezogen auf die aktuelle Situation im Verein AG Asylsuchende e.V. würde ich gern ändern wollen, dass es eine institutionelle kontinuierliche finanzielle Förderung für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe gibt.
Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?
Ich bewundere alle Menschen, die für Menschenrechte kämpfen und sich klar positionieren. Ein besonderes Beispiel ist für mich Joan Baez, die sich ihr ganzes Leben als Bürgerrechtlerin und Pazifistin gegen Gewalt, Rassismus und Krieg einsetzt, auch mit Hilfe ihrer Musik und ihrer einzigartigen Stimme.
Was ist dein aktuelles Lieblingslied?
Musik von Johnny Clegg aus Südafrika genauso wie Musik der Band „Runrig“ aus Schottland, auf jeden Fall muss Musik schwungvoll sein.
(Einen Song von Johnny Clegg findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)
Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?
Ich würde die 5.000,00 € aufteilen an Akubiz e.V. Pirna, CSD Pirna e.V. und AG Asylsuchende SOE e.V.
Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?
Ort der Aufnahme: Pirna
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