Jojo Rodig

Wie kann man etwas verändern? Wie kann man gerade in Sachsen etwas anpacken? Für mich beginnt die Veränderung immer bei kleinen Details. Wie wählen wir unsere Sprache? Wie offen sind wir wirklich gegenüber anderen Lebensentwürfen? Jojo verändert Dinge, ist für Menschen da und gibt Support. Erfahrungen gemacht zu haben ist das eine, diese aber nutzen und an andere Personen weiterzugeben ist das andere. Dafür bewundere ich Jojo. Aber lest selbst: 

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Ich bin eher zufällig auf das „Begegnungszentrum Pirna“ aufmerksam geworden und fand das Projekt so klasse, dass ich kurzerhand vorbeigegangen bin und erzählt habe, was mir wichtig ist und dass ich das „BZ“ gern unterstützen möchte. Seit Anfang Sommer 2018 bin ich nun dort aktiv, halte mich allerdings eher im Hintergrund, da ich noch nie jemand war, der gern im Mittelpunkt stand.

Ich habe mich tatsächlich schon immer für „Schwächere“ eingesetzt, einfach weil ich Ungerechtigkeit noch nie nachvollziehen konnte. Die Zuschreibung „Schwächere“ verwende ich mit Absicht in Anführungszeichen, da vermeintlich schwächere Menschen oftmals viel stärker sind als deren Peiniger*innen.

Was sind deine Aufgaben?

In der Gruppe „Trans*Zone“ möchte ich gern für Betroffene bzw. deren Angehörige da sein, ihnen im besten Fall die Angst vor bspw. Vorurteilen nehmen und neue Wege bzw. Möglichkeiten aufzeigen.

Wofür kämpfst du?

„Kämpfen“ ist so ein starkes Wort. Mir ist Aufklärung wichtig. Selbst in der „Homo-Szene“, in der ich mich bewege, bin ich immer wieder – auf Grund fehlender Informationen meines Gegenübers – auf unbewusste Intoleranz und Ignoranz getroffen und das hat mich anfangs wirklich erschreckt!

Wann hat dein Kampf begonnen?

Dies kann ich gar nicht so genau sagen. Bewusst habe ich mich im Bereich „Transsexualität“ etwa Anfang 2013 eingesetzt – damals noch in Berlin.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Meine Familie ist evangelisch, weshalb ich in das „Evangelische Kinderhaus“ gegangen bin. Eine meiner Kindergärtner*innen war sehr offen und sensibel für meine Bedürfnisse, was ich heute noch sehr an ihr schätze und wofür ich sehr  dankbar  bin.

Später im Hort habe ich mich oft „anders“ bzw. „falsch“ gefühlt. Ich durfte zwar in die „Holzwerkstatt“ oder Fußball spielen und auf den großen Baum am Fußballfeld klettern, aber irgendwie hatte ich immer wieder das Gefühl, nicht willkommen zu sein, da ich nicht der „Norm“ entsprach.

Ab der 3. Klasse wurde ich auch immer öfter von meinen Mitschüler*innen ausgeschlossen und gehänselt, was sich erst in der 7. Klasse änderte. Als ich dann 2004 die Schule gewechselt habe und in Dresden neu anfangen konnte, ging es endlich bergauf – ich wurde so akzeptiert, wie ich war!

Auch bei den Konfirmand*innen fühlte ich mich nicht wohl, obwohl ich einige davon noch aus dem Kindergarten kannte. Immerhin war der Pfarrer mega cool, was mir Hoffnung gab!

Später war ich, glaube ich, nur ein Mal bei der „Jungen Gemeinde“, allerdings war mir das alles zu scheinheilig, weshalb ich dann meinen eigenen Weg gegangen bin.

Mit Pirna verbinde ich dieses typische „Schubladendenken“, was mich sehr geprägt hat. Noch klingen Sprüche wie z.B.: „Das kannst du doch nicht machen, du bist ein Mädchen!“ oder: „So findest du nie einen Freund!“ nach. An der Stelle könnte ich einen Roman schreiben über all das, was mir an den Kopf geworfen wurde.

Ihnen allen, die auch heute noch solche Sprüche von sich geben, möchte ich sagen: Hört auf damit! Die Welt ist nicht schwarz-weiß, sondern kunterbunt und wundervoll! Es gibt so viel mehr als irgendwelche Normen. Öffnet eure Augen und Herzen dafür!

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Es gibt, glaube ich, immer irgendwas zu ändern. Man darf nie damit aufhören, sich für andere einzusetzen.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Meine Großeltern väterlicherseits. Meine Oma hat mit ihren 93 Jahren fortschrittlichere Ansichten als manch 20-Jährige*r- vermutlich aufgrund ihrer eigenen Geschichte. Mein Opa war neben seinem „Oberlehrerdasein“ noch Heimatforscher und Ortschronist von „Schmölln-Putzkau“ und wurde 2010 zum Ehrenbürger ernannt. Zu seinem 80. Geburtstag wurde ihm ein Denkmal an seinem Lieblingsplatz gesetzt, was mich damals sehr beeindruckt hat.

Die beiden haben mich von Anfang an so akzeptiert, wie ich war, und haben mich auf ihre Art vollends unterstützt.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

„Black“ von der Berliner Band „Not That Simple“.
(Diese Songs findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Da gäbe es einige, denn es gibt an vielen Orten Institutionen, welche finanzielle Unterstützung brauchen. Das „Jugendnetzwerk Lambda Berlin -Brandenburg e.V.“ leistet bspw. auch tolle Arbeit. Von etwa 2013-2015 war ich selbst Teilnehmer der damaligen Trans*Sternchen“ und habe da eine tolle Zeit von Austausch und Zugehörigkeit erlebt, wofür ich sehr dankbar bin!

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Ort der Aufnahme: Klosterkirche St. Heinrich, Klosterhof, Pirna

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