Heike Wex

Würde die Politik in der Klimafrage, so auf die Wissenschaft hören, wie in der Coronakrise wären wir ein großes Stück weiter. Was macht die aktuelle Krise mit der Fridays for Future Bewegung? Wird jetzt alles bisher erreichte vergessen? Es kann nur einen klimafreundlichen Neuanfang geben. Ich traf mich mit Heike, die für Scientists 4 Future unterwegs ist. Sie hilft der Bewegung mit fundierten wissenschaftlichen Informationen und wappnet damit die Aktiven für eine politische Diskussion. Was sie in dieser Zeit bisher erlebt hat, beschreibt sie hier: 

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Ich bin aktiv bei den „Scientists for Future“ (S4F). Wir unterstützen die „Fridays for Future“ (FFF) in ihren Forderungen und geben ihnen wissenschaftliche Rückendeckung, denn sie haben recht: Der menschengemachte weltweite Klimawandel nun schon so weit vorangeschritten ist, dass wir Menschen dringend (in den nächsten Jahren) unser Verhalten ausreichend ändern müssen, damit wir (als Menschheit, ALLE!!!) nicht massive negative Folgen aus dem Klimawandel erleiden werden.

Was sind deine Aufgaben?

Ich versuche, so viele Menschen wie möglich über das Problem zu informieren. Das mache ich durch Vorträge, und die habe ich zum Beispiel schon an Schulen gehalten, an der Uni, vor Erwachsenengruppen. Und darüber hinaus mache ich im Rahmen von S4F bei Planung und Organisation von Aktionen der FFF mit, und bei Aktionen der anderen „for Future“ Gruppen, wenn sich das ergibt. Dazu gehört Demo-Organisation, im Hintergrund z.B. für die sächsischen Schülerkonferenzen ein Gegengewicht zu den Politikern bilden, auch mal mit AfD-lern diskutieren. Für 2020 legten wir mit der Planung vieler Aktionen los, als die Ausgangsbeschränkungen wegen Covid-19 begannen und nun hat sich für den Moment viel ins Netz verlegt. Wie das wird, wird sich zeigen, aber es ist klar, dass wir gerade jetzt am Ball bleiben müssen.

In meinem Job arbeite ich nur an einem kleinen Unterthema des Klimawandels. Aber weil mich das Thema schon lange begleitet, kenne ich mich insgesamt mit der wissenschaftlichen Seite des Klimawandels aus. Und ich habe mir auch die psychologische Seite und auch einige der technischen Lösungen angelesen und hab da einen Überblick, den ich den Menschen gerne vermittle.

Wofür kämpfst du?

Es klingt vielleicht vermessen, aber manchmal sage ich, dass ich die Menschheit gerne retten will. Es ist völlig klar, dass ich das nicht schaffen kann – und vielleicht ist die Antwort, ob wir es als Menschheit schaffen, sowieso schon in uns angelegt. Jedenfalls kann man alleine nichts bewirken. Also stehe ich hier stellvertretend für die vielen, vielen Akteure der „for Future“ Gruppen, die sich im letzten Jahr gebildet haben. Ich selbst und auch alle anderen die sich da engagieren, wollen die Welt für uns Menschen als einen Ort erhalten, an dem wir noch gut leben können.

Und meiner Meinung nach geht der Weg dahin nur darüber, dass die Menschen, besonders in den Industriestaaten, verstehen, dass wir unseren Lebensstil ändern müssen. Mehr und mehr wissenschaftliche Details helfen da nicht, das haben wir in den vergangenen Jahrzehnten bemerkt. Also versuche ich, mich aus dieser streng wissenschaftlichen Ecke heraus zu bewegen und Menschen so über den Klimawandel zu informieren, dass sie es endlich aufnehmen können und verstehen, worum es geht. Und dann kommen sie ja vielleicht sogar ins Handeln. Oder sie akzeptieren zumindest die wichtigen und notwendigen Veränderungen, die sich ergeben werden!

Wann hat dein Kampf begonnen?

„Kampf“ klingt etwas theatralisch. Aber mit dem Thema beschäftige ich mich seit 1992, als ich während eines Austauschjahres im Studium in den USA war. Dort habe ich in Vorlesungen zum ersten Mal vom Klimawandel hörte. Seither habe ich auf niedrigem Level immer versucht, Menschen klar zu machen, was auf dem Spiel steht, und wie ernst die Lage ist. Ich habe auch manchmal Vorträge zu dem Thema gehalten, habe mich allerdings nie in größeren Gruppen organisiert. Und als einzelne Person dringt man nur schwer zu anderen durch. Auf Tagungen war unter Kollegen schon immer klar, dass etwas Besonderes passieren muss, damit wir nicht in die Klimakatastrophe reinrutschen. Aber es war immer unklar, was das sein könnte. Im Gegenteil: 2007 war Klimawandel schon mal ein großes Thema in den Medien, und dann kam 2008 die Finanzkrise, und das Thema wurde dann bis zu FFF in der Gesellschaft totgeschwiegen. Das machte es wirklich schwer, Menschen davon zu überzeugen, dass etwas getan werden muss.

Als ich Ende 2018 von Greta Thunberg und FFF hörte dachte ich schon, dass das etwas Großes werden kann, und war als eine von wenigen Erwachsenen schon Mitte Februar 2019 bei meiner ersten FFF-Demo. Und da begann dann eine sehr intensive, anstrengende aber auch bereichernde Zeit.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Ich hatte eher kein einzelnes „a-ha“-Erlebnis in meinem Leben (vielleicht mal von der Geburt meines Sohns abgesehen, aber das gehört in einen anderen Themenblock). Mein Jahr in den USA war allerdings sehr prägend. Ich traf da zum ersten Mal Menschen, die nicht wussten, dass gewisse Obstsorten in der Natur zu gewissen Jahreszeiten reifen (die dachten z.B., Erdbeeren wachsen auch auf dem Feld immer), die schon damals unglaublich viel Strom vergeudeten (ich werde nie die krassen leuchtenden Weihnachtsdekorationen in einigen Wohnvierteln vergessen) und die zum Thema „Plastik-Müll-Vermeidung“ einfach nur sagten, dass das nicht nötig wäre, weil sie ja genug Wüsten hätten, um den Müll zu vergraben. Es war mir damals unbegreiflich, wie man sich als Mensch so sehr von der Natur entfernen kann. Leider ist dieser Trend aber seit damals noch viel weiter vorangeschritten und das nicht nur in den USA.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Ganz konkret, weil wir ja gerade sowieso wegen Covid-19 einen Umbruch erleben, würde ich mir wünschen, dass wir das als Aufbruch in eine neue Art des Wirtschaftens aber auch in eine neue Art des Zusammenlebens verstehen, die dann zu einer klimaneutralen Lebensweise von allen hingeht.

Unabhängig von der Covid-19-Krise würde ich mir wünschen, dass Fake-News einfach komplett aus der Welt verschwinden, was natürlich nicht gehen wird. Was aber gehen könnte wäre, dass Menschen sich etwas mehr an den Wissenschaften orientieren statt sich von Medien hochpushen zu lassen. Das ist deswegen gerechtfertigt, weil in den Wissenschaften ein Prozess existiert, in dem Wissenschaftler sich freiwillig gegenseitig überwachen („peer-review“), so dass sich dort langfristig immer tatsächliches Wissen entwickelt. Einige Themen mögen noch nicht völlig erforscht sein, aber die Forscher die sich mit dem Klima auskennen sagen alle, dass es den menschengemachten Klimawandel gibt.

Und ich wünsche mir, dass jeder sich als Teil der Welt und als Teil der gesamten Menschheit sieht und dass mehr das „wir“ als das „ich“ unser Handeln bestimmt.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Ouffz – das ist schwer zu sagen. Ich bewundere alle, die sich mit viel Energie für etwas einsetzen, das die Welt und das Leben von uns Menschen auf dieser Welt besser macht!

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Das wechselt – gerade höre ich oft eine CD von Loreena McKennit („The book of secrets“). Ein Lied das schon seit langen Jahren immer wieder mein „Frühsommer-Gute-Laune-Song“ ist, ist „´49 Plymouth“ von „Timbuk Three“.

(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

FFF! Sie hatten 2019 ein intensives Jahr, in dem sich viele verausgabt haben. Und es hat sich zwar viel getan, aber das ist zum einen noch in den Anfängen, und für junge Leute sieht es sicher nicht nach viel aus. Und nun kommt auch noch Covid-19 und eine dadurch drohende Wirtschaftskrise auf uns zu. Viele befürchten, dass Klimaschutz jetzt wieder hinten angestellt wird. Viele der Menschen von FFF waren also schon ausgepowert und jetzt sind auch noch die Demos unmöglich, im Moment. Aber FFF ist unglaublich wichtig, um das Thema Klimawandel auf der Tagesordnung zu halten oder bald dort wieder hin zu bekommen.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Ort der Aufnahme: Arthur-Bretschneider-Park, Leipzig

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