Dörte Drechsler

Pegida schüttet nun seit über 5 Jahren den Hass auf die Straße. Ja Pegida gibt es immer noch und ja es gibt zum Glück auch immer noch Leute, die sich da fast jede Woche dagegen stellen. Dörte ist einer dieser wundervollen Menschen, sie engagiert sich in drei verschiedenen Gruppen und positioniert sich für eindeutig progressive Werte. Sie packt an und gibt nicht auf, was meinen allerhöchsten Respekt verdient. Würde es doch noch viel mehr Menschen wie Sie in Dresden geben. Was sie auf ihren bisherigen Weg so erlebt hat, beschreibt sie hier: 

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Immer dort, wo ich lebe und arbeite, seit 2005 wieder hier in Sachsen. Ich glaube fest daran, dass die grundlegenden Menschenrechte für alle gelten und versuche mich in diesem Sinne zu engagieren. Konkret bin ich neben meinem Berufsleben momentan in/für drei Initiativen aktiv: in der Gruppe „Nationalismus raus aus den Köpfen„, im Atticus e.V. und in der Dresdner Ehrenamtsgruppe des Mission Lifeline e.V.

Was sind deine Aufgaben?

In der Gruppe „Nationalismus raus aus den Köpfen“ wehre ich mich im Rahmen entsprechender Demonstrationen gegen fremdenfeindliche Aufmärsche und Kundgebungen. Der seit über einem Jahr neben der PEGIDA stattfindenden Solidaritätskundgebung mit Holocaustleugnern begegnen wir mit öffentlichen Lesungen von u.a. jüdischen Biographien aus der Zeit des Nationalsozialismus. Wie jede(r) von uns mache ich hier einfach alles was zu tun ist und was ich schaffen kann.

Im Verein Atticus, dessen Gründungsmitglied ich bin, geht es uns neben konkreten Hilfsprojekten besonders um politische und interkulturelle Bildung: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Wie schaffen wir es, zu einem Miteinander zu kommen, in dem kein Mensch, gleich welcher Religion, Abstammung, sexueller Orientierung, Einkommen, Familienstand, Alter, physische oder psychischer Beeinträchtigung benachteiligt wird? In unseren Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen greifen wir brennende Themen auf und versuchen einen öffentlichen Diskurs auf sachlicher Ebene.

Den Mission Lifeline e.V. unterstütze ich von Beginn an hauptsächlich durch das Initiieren von kreativen Spendenaktionen und Kundgebungen.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Was heißt Kampf und wann hat er begonnen? Das ist schwer zu sagen. Ich habe einen bestimmten Anspruch an mich selbst und versuche diesem zu entsprechen. Ungerechtigkeit, Gewalt, Leid und auch Gleichgültigkeit gegenüber fremdem Schmerz kann ich sehr schwer ertragen. Das treibt mich an. So bin ich schon seit vielen Jahren Mitglied bei Amnesty International. Seit 2014/15 hat mein persönliches direktes Engagement hier in Sachsen aus guten Gründen begonnen und wurde von Jahr zu Jahr intensiver.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Die Geburten meiner beiden Kinder. Bis dahin ahnte ich nicht, wie bedingungslos Liebe sein und welches Ausmaß die eigene Stärke aber auch Schwäche haben kann. Die Jungs sind heute 23 und 19 Jahre alt und mein größtes Glück. Alles was ich tue, tue ich auch wegen meiner Kinder. Beide haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Ich möchte sie nie enttäuschen, indem ich anderen Menschen gegenüber gleichgültig werde.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Ich wünsche mir, dass sich die Menschen einer Stadt, die den Anspruch hat, Kulturhauptstadt zu werden, endlich auch mit den Unkulturen hier auseinandersetzen. Man hat sich eingeredet, das Problem in Sachsen besteht nur aus ein paar muffligen Senioren mit DDR Langzeitschäden, denen man keine Beachtung schenken sollte. Wie furchtbar falsch eine solche Verharmlosung ist, hat die letzte Wahl gezeigt: die AfD wurde stärkste Partei bei den jungen Wählern. Das ist alarmierend! Auch durch die „Damit will ich nichts zu tun haben“- Haltung bei vielen, konnten Demagogen ungestört in allen Altersschichten aktiv werden. Wir müssen uns aber einem Problem stellen, um es lösen zu können. Wir brauchen die Auflehnung der Zivilgesellschaft gegen den immer stärker werdenden Hass und die Aggressivität im Alltag. Ich möchte die Konfrontation mit der drohenden Gefahr von rechts, die es Politikern und Bürgern letztlich verbietet, sich von einer unschönen Realität einfach abzuwenden. Dazu sollten alle gegebenen Möglichkeiten genutzt werden: die der Medien, der Kunst, der Literatur und Politik; genauso wie das Mittel, das jeder Bürger hat: couragiertes Einmischen im Falle von jeglicher verbalen und nonverbalen Gewalt im Alltag. Wir alle können etwas dafür, wenn wir nichts dagegen tun.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Es gibt natürlich einige große Namen, die ich beeindruckend finde. Es sind aber Menschen wie meine Eltern, meine Kinder, meine Schwestern, Familie, Freunde, alte und neue Weggefährten, die für mich besonders und liebenswert sind oder es werden können. Ich glaube, das ist es, was wirklich zählt; dass einem die oder der andere nicht egal ist. Ich habe mal gelesen (Remarque), dass vielleicht nur deshalb immer wieder Krieg ist, weil der eine nie ganz empfinden kann, was der andere leidet. Ein weiser Gedanke. Meine Helden sind Menschen mit viel Empathie, Nächstenliebe und Zivilcourage. Und das sind meist keine Stars oder Inhaber hoher Positionen.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Ich habe ein Lied, das mich seit vielen Jahren begleitet. Meine Jungs und ich haben es auf unseren Ausflügen oft laut und mit Vergnügen mitgesungen, weil es unserem Lebensgefühl entspricht. Es heißt „Leben und leben lassen“ von Wolfgang Maahn feat. Dietmar Bär. Und seit einiger Zeit und aus aktuellem Anlass bei mir auf Platz 1 ist von Faber der Song „Wer nicht schwimmen kann, der taucht“.   

(Diese Songs findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Zuerst würde ich Dir 1000€ zurückgeben, damit Du Dein schönes Projekt fortsetzen und uns noch viele interessante Menschen vorstellen kannst. 2000€ gingen an Mission Lifeline, deren Kapitän aktuell eine irrsinnig hohe Strafe dafür zahlen soll, dass er über 100 Menschenleben gerettet hat. Und 2000€ gingen an den Verein KENCEF e.V., den wunderbare junge Leute gegründet haben, um extrem armen, meist elternlosen kenianischen Kindern auf Mfangano Island eine Schulbildung und damit eine gute Lebensperspektive zu ermöglichen.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Auf Facebook und Twitter auf den Seiten von „Nationalismus raus aus den Köpfen“ und „Wer schweigt, stimmt zu“ sowie „Mission Lifeline  – Ortsgruppe Dresden„. Weiterhin hier: http://atticus-dresden.de/ 

Ort der Aufnahme: Bremer Straße, Dresden

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