Benjamin Friedrichs
Benny und ich trafen uns an einem sehr kalten und verregneten Tag am Millerntor in Hamburg. Der Kontakt kam durch einen sehr guten Freund zustande. Selten lernt man einen Menschen kennen und redet ohne Punkt und Komma. Mit Benny hatte ich von Anfang ein sehr gutes Gefühl. Benny arbeitet an einer Grundschule in Hamburg und thematisiert Flucht oder singt Feine Sahne Fischfilet Songs mit den Kindern. Aber lest selbst:
Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?
Aktuell ist das so, dass wir in den letzten drei Jahren einen losen Zusammenschluss in Hamburg gegründet haben, der am Anfang die „No border kitchen“ supportet hat. Bis wir uns 2018 mit Leuten aus verschiedenen Fußballfanszenen zusammen getan haben, um eine Vortragsreihe mit Menschen vom kurdischen Fußballverein Amedspor SK umzusetzen. Das ist eine coole Sache und geil zu sehen, wie sich Menschen aus unterschiedlichen Fanszenen solidarisch für den Club engagieren und wir eine gute Vortragsreihe auf den Weg gebracht haben.
Wir reisen zwischen dem 24.01.2019 und dem 06.02.2019 durch verschiedene Städte in Deutschland und die Menschen berichten über ihren Alltag, die Repression und den täglichen Kampf. Alle Gelder, die dabei gesammelt werden gehen an das Frauenteam von Amedspor.
Kommt alle zu den Vorträgen Ende Januar/ Anfang Februar und supportet Amedspor!
Aber gerade gibt es eine gute Sache, an der ich arbeite und die für mich irgendwie ganz besonders ist. Ich arbeite an einer Grundschule in Hamburgs Osten und wir haben dort im letzten Jahr ein Musical einstudiert. In dem Musical ging es um verschiedene Musikrichtungen, die die Tiere entdecken. Dieses Jahr sollte der zweite Teil einstudiert werden. Dann kam Chemnitz. Ich war so ohnmächtig, so voller Wut, dass diese ganze Nazischeiße noch krasser wird, als sie eh schon war/ist. Wir saßen einen Tag später zusammen und es war klar, dass es so nicht weitergehen wird und wir wollten ein kleines Zeichen setzen. Wir entschieden uns ein Kinderbuch von Kirsten Boie umzusetzen. Es geht dabei um eine syrische Familie, die aufgrund der Bomben flieht. Es ist so gut zu sehen, was in den kleinen Köpfen passiert, wie sie nachdenken, wenn es um diese Geschichte geht. Es entstehen viele Fragen, aus denen Gesprächsrunden entstehen, in denen das Thema Flucht und vor allen Dingen die Situation hier in Deutschland thematisiert wird. Allen Kindern scheint klar zu sein, dass es das schlimmste sein muss, sein Land zu verlassen, sein liebstes Kuscheltier zu verlieren, um dann in Deutschland, nach all den Strapazen, in einem Container zu wohnen und keine Freunde zu finden. Es tut so gut zu merken, dass es für die Kinder sonnenklar ist, dass man alle Menschen hier willkommen heißen und ihnen helfen sollte. Wir hoffen, dass sie das verinnerlichen und diese Meinung in ihrem weiteren Leben beibehalten.
Im Frühling kommt Hendrik von „Mare Liberum“ und berichtet den Kindern von der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer. Wir sind alle sehr gespannt auf die Fragen der Kinder und wie wir alle von diesem Vortrag lernen werden. Im letzten Jahr hatten wir ein Lied von Feine Sahne Fischfilet gesungen und die Kinder haben das total abgefeiert. Es gab einen Facebook-Post der Band auf deren Seite und die Kinder sind vor Stolz fast geplatzt. In diesem Jahr haben sie eingefordert, nur Songs von FSF singen zu wollen. Gesagt, getan. Wir haben fünf Songs neu eingespielt und proben fleißig. Im Sommer ist es dann so weit und wir treten in Hamburg auf. Es wird eine kleine, öffentliche Veranstaltung geben. Bei der Veranstaltung treten wir auf, Mare Liberum halten einen Vortrag über ihre notwendige Arbeit und ein, zwei Bands werden spielen. Alle Erlöse spenden wir an die zivile Seenotrettung!
In diesem Sinne: „Schule braucht mehr Punkrock!“
Wofür kämpfst du?
Ich kämpfe dafür, dass die Welt ein bisschen besser wird für alle, auch wenn das sehr pathetisch klingt. Jede/r kann so viel tun. Einfach mal ein paar Freunde ansprechen, sich zusammentun und was Geiles auf die Beine stellen. Soliparty, was spenden etc. So kann an vielen Stellen schnell geholfen werden.
Wann hat dein Kampf begonnen?
Meine erste Demo, auf der ich aktiv dabei war, war gegen die Pogrome von Rostock 1992, da war ich 13 Jahre alt. Seitdem bin ich mal mehr, mal weniger politisch aktiv. Ich bin der festen Überzeugung, dass politischer Protest auf die Straße gehört. Nazis blockieren und den Faschos nicht einen Meter auf unseren Straßen überlassen. Sich immer quer stellen, wenn nötig und die Leute supporten, die Hilfe brauchen.
Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?
Mein Besuch in ehemaligen Konzentrationslagern. Das war das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Theresienstadt, Mauthausen, Auschwitz.
Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?
Ich würde mir sichere Häfen wünschen.
Ich würde die Festung Europa abschaffen.
Ich würde Frontex zumachen.
Ich wünsche mir, dass wir den HSV im nächsten Derby aus dem Millerntor schießen.
Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?
Bewundern ist schon ein gewichtiges Wort. Ich bewundere gerade jeden Menschen, der sein zu Hause verlässt und sich auf den Weg macht, damit er es irgendwo auf dieser Welt besser hat. Das sind so krasse Geschichten, die sich niemand ausdenken kann und alles was sie durchmachen in der Hoffnung, es besser zu haben.
Mit Pech stehen die Menschen dann irgendwelchen Faschos und Nationalisten gegenüber, die ihnen sagen, dass sie hier nichts zu suchen haben. Keiner von uns kann sich ausmalen, was die Menschen ertragen und was sie alles aufgeben müssen.
Was ist dein aktuelles Lieblingslied?
Meine 9-jährige Tochter und ich feiern gerade Feine Sahne Fischfilet hart. Wegen ihr hab ich die Band nun auch 2018 drei Mal live gesehen und die Lieder hämmern sich in mein Hirn. Wie sich das für guten Deutschpunk gehört. Deswegen liegt es nah, dass 2018 mein Lieblingslied von diesen Jungs kommt. Ich finde es mega, was die Band so alles reißt. Kleine Konzerte da, wo es den Leuten vor Ort viel Kraft gibt, dass sie mal in Ruhe feiern können und merken, dass sie nicht allein sind.
Solange es brennt – Feine Sahne Fischfilet
Hat mir live und textlich sehr gut gefallen und begleitet mich sehr oft auf den Ohren auf dem Weg zur Arbeit.
(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)
Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?
Das ist ’ne gute Frage. Es gibt so geile Leute und Institutionen, die das Geld verdient hätten und brauchen können. Chemnitz Nazifrei, Cafe Exil, Pro Asyl, kiezkick und noch so viele mehr.
Mein Geld würde ich aber momentan an Mare Liberum spenden. Mare Liberum beobachtet mit einem eigenen Schiff die Lage der Menschenrechte in der Ägäis und den Lagern an Land. Die haben eine Menge Repressionen zu erleiden. Momentan sind Leute angeklagt, die mit der „Iuventa“ Menschen vor dem Ertrinken gerettet haben. Da merkt man, es läuft was falsch in der Welt.
Noch besser wäre aber, wenn jede/jeder der das hier liest, 5,- bzw. 10,- Euro oder das, was er/sie kann, jetzt an die Leute, die er gut findet, spendet.
Ort der Aufnahme: Millerntor, St. Pauli, Hamburg
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