Anna Gorskih
Ich hatte kürzlich die Chance, Anna Gorskih kennenzulernen. Sie ist seit Jahren im antifaschistischen und antirassistischen Bereich aktiv und bringt als Mitglied der Linken im Sächsischen Landtag frischen Wind in die Politik. In unserem Gespräch erzählte sie mir von ihrer Arbeit, ihren Kämpfen und was sie antreibt. Aber lest selbst:
Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?
In den letzten zehn Jahren habe ich mich in verschiedensten politischen Zusammenhängen engagiert, oft vor allem in antifaschistischen und antirassistischen Kontexten. Seit 2010 war ich aktiv bei der Linksjugend Sachsen und bin 2013 Mitglied bei Die Linke geworden, für die ich seit 2019 in der Linksfraktion im Sächsischen Landtag tätig bin.
Was sind deine Aufgaben?
In unserer Fraktion bin ich zuständig für Kinder- und Jugendpolitik und Hochschulpolitik. Seit 2021 arbeite ich auch im Fraktionsvorstand mit. Ich bin außerdem für den Landkreis Meißen zuständig, wo ich viel und häufig unterwegs bin, Bürger:innensprechstunden anbiete, mich mit verschiedensten Menschen und Strukturen treffe und Veranstaltungen oder Aktionen organisiere.
Wofür kämpfst du?
Ich verstand mich schon immer als Antifaschistin. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund meiner eigenen Lebensgeschichte kämpfte ich damals und kämpfe ich heute noch dafür, dass alle Menschen, egal woher sie kommen, wie sie aussehen oder wie sie heißen, gleiche Rechte und Möglichkeiten haben und sich ohne Diskriminierung und ohne Angst frei entfalten können.
Wann hat dein Kampf begonnen?
Irgendwann gab es bei uns an der Schule Hakenkreuz-Schmierereien und das hat mich damals schockiert, denn als ich 2004 mit meiner Familie nach Deutschland kam, habe ich naiverweise geglaubt, dass es die (neo)nazistische Ideologie in Deutschland nicht mehr gäbe. Seitdem haben meine Freund:innen und ich regelmäßig stundenlange Diskussionen über Geschichte und Politik geführt und fingen anschließend an, uns bei der Linksjugend in Meißen zu engagieren.
Mir ist der Kampf gegen alle Ideologien der Ungleichwertigkeit und für Werte wie Freiheit, Solidarität und Gleichheit aller Menschen sehr wichtig. Ebenfalls auch der Einsatz für bessere Perspektiven und ein gutes Leben für alle Menschen, egal, woher sie kommen und egal wie alt sie sind. Beides ist auch zentral in meiner Arbeit im Landtag.
Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?
Ohne Zweifel hat mich meine eigene Migrationsgeschichte stark geprägt. Die ersten Jahre meines Lebens habe ich in Russland verbracht und mit 12 Jahren bin ich mit meiner Familie nach Deutschland migriert. Das war das einschneidendste Ereignis meines Lebens. Die darauffolgenden Jahre waren für mich und meine Familie geprägt von Neuorientierung, Anpassung, Sinn- und Identitätskrisen, aber auch ökonomischen Krisen, Arbeitslosigkeit, Armut. Diese Erfahrungen und die damit verbundene Geschichte meiner Familie hat auch eine wesentliche Rolle bei meiner Politisierung gespielt. Ich habe schon damals mit 12 Jahren nicht verstehen können, warum man es für zugewanderte Menschen in Deutschland so schwer macht, warum Bildungsabschlüsse und Arbeitserfahrung nicht anerkannt werden und warum es in einem so reichen Land so viel Armut gibt.
Weil ich das nicht verstehen und nicht akzeptieren konnte, wurde ich eine Linke und kämpfe seitdem für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen und ein Leben in Sicherheit und Würde für Alle.
Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?
Sehr viel, denn leider hat die Kenia-Koalition im Landtag nichts gegen die soziale Spaltung in Sachsen unternommen und auch die Ampel-Koalition im Bund versenkt ein Wahlversprechen nach dem nächsten und holt lieber den Kürzungshammer heraus.
Egal ob Land oder Bund: dass die dringend notwendigen Investitionen zur Bekämpfung der Alltagskrisen der Menschen in Bereichen wie Bildung, Gesundheit oder bei bezahlbarem Wohnraum nicht angegangen werden, ist fatal. Die Kommunen haben jetzt schon riesige Lücken in ihren Haushalten und streichen wichtige Angebote, z.B. der Jugendarbeit. Das ist eine Gefahr für die Demokratie. Denn da, wo sich weiße Flecke auf der Landkarte der Jugendarbeit in Sachsen auftun, entstehen Einfallstore für extrem rechte Akteure, die ihre Vorstellungen von „Jugendarbeit von rechts“ in die Praxis umsetzen können.
Wenn ich könnte, würde ich als einen der ersten Schritte die finanzielle Ausstattung der Kommunen verbessern sowie Sicherheit für Initiativen in den Bereichen der Demokratie- und Jugendarbeit schaffen. Ich denke, es braucht gesamtgesellschaftlich betrachtet einen radikalen Kurswechsel mit kräftigen Investitionen in Bildung, Jugendarbeit, Armutsbekämpfung, soziale Daseinsvorsorge genauso wie in Klimaschutz.
Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?
Einen einzigen Namen zu nennen, fällt mir schwer. Ich bewundere grundsätzlich alle Menschen, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz gesellschaftlich oder politisch engagieren, Demokratie und Menschenrechte gegen den rechten Mainstream verteidigen und sich Faschos und Rassisten in den Weg stellen.
Was ist dein aktuelles Lieblingslied?
Auch hier kann ich mich nicht auf nur eins festlegen, was mir gerade guttut oder Kraft gibt. Mein Musikgeschmack ist sehr vielfältig und reicht von Pop bis Metal. In letzter Zeit habe ich aber sehr viel Punk gehört.
Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?
Die Zivile Seenotrettung
Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?
Ort der Aufnahme: Albertina-Bibliothek, Leipzig
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