Katja Meier
Ich hatte Katja über Instagram angefragt, ob sie sich vorstellen könnte, ein Teil von Herzkampf zu werden, sie antwortet mir relativ spontan und am nächsten Tag trafen wir uns auch schon am Bahnhof. Ich war von Anfang an, von ihrer offenen herzlichen Art angetan. Im Kopf kam mir dann immer die Frage: „Moment mal, steht da wirklich gerade die Justizministerin von Sachsen vor mir?“ Ja tat sie, wir sprachen über ihren neuen Alltag und wie sie die ersten verrückten Monate im Amt erlebt hat. Wie Katja so geworden ist, wie sie ist, könnt ihr jetzt im Interview nachlesen:
Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?
Seit Dezember 2019 bin ich Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung in Sachsen. Alle diese Themenbereiche greifen ineinander. Ohne Demokratie kann unser freiheitlicher Rechtsstaat nicht funktionieren. Und ohne unseren Rechtsstaat gäbe es keine demokratische Ordnung. Die Gleichstellung der Geschlechter und der Schutz von Minderheiten ist Ausdruck von Demokratie und Aufgabe für den Rechtsstaat. Und Europa ist das Friedensprojekt als Konsequenz aus dem 2. Weltkrieg und dem Menschheitsverbrechen der Shoah. Es ist nicht nur eine Vision, die die EU seit Jahrzehnten zusammenhält, sondern auch die Antwort auf globale Herausforderungen, die nur zusammen und grenzüberschreitend gelöst werden können: allen voran die Klimakrise.
Was sind deine Aufgaben?
Als Ministerin habe ich natürlich vielfältigste Aufgaben. Gerade aktuell in der Coronakrise war und ist für mich wichtig, dass der Rechtsstaat funktioniert, denn er lebt ja von den Rechten, die er allen Bürger*innen gibt. Aber auch ganz praktisch sind Entscheidungen zu treffen gewesen, wie unter Coronabedingungen eine Justizvollzugsanstalt funktionieren kann. Oder wie unter diesen Bedingungen Besuch oder Ausgänge stattfinden können.
Der Blick in andere Länder hat gezeigt, dass Gewalt gegen Frauen zugenommen hat. Hier haben wir sehr schnell gehandelt und nicht nur auf die Hilfetelefonnummern in Apotheken, Supermärkten usw. aufmerksam gemacht, sondern kurzfristig mehr Plätze in Frauenschutzeinrichtungen geschaffen.
Wofür kämpfst du?
Ich engagiere mich für eine offene und gleich berechtigende Gesellschaft – wie ganz viele andere Menschen auch. Darüber bin ich sehr froh, denn mir geht es um das Miteinander für eine Sache. Deshalb mag ich auch den Begriff des Kämpfens nicht unbedingt. Es ist wichtig, das Gemeinsame zu betonen, statt Gegensätze zu verstärken. Mir steckt im Wort Kampf zu viel „Gegeneinander“, wo wir in unserer Gesellschaft mehr Miteinander und Solidarität brauchen. Vielleicht ein bisschen, wie in dem Wort Herzkampf – nur wenn das Herz mit dabei ist, dann ist es vielleicht mehr wie in einem gemeinsamen Kampf. Und da wäre dann für mich auch wieder die Solidarität enthalten.
Wann hat dein Kampf begonnen?
Aktiv bin ich schon seit meinen Teenagerjahren – damals in Zwickau. Nicht in einer Partei, sondern im damaligen und auch heute noch bestehenden Jugendtreff „Buntes Zentrum“. Ende der 90er Jahre haben wir, wie in vielen Regionen in Sachsen und Ostdeutschland, miterleben müssen, wie Eltern arbeitslos wurden. Nicht zuletzt haben wir versucht, den aufkeimenden Neonazistrukturen etwas entgegenzusetzen – wir tun es bis heute. Diese Jugenderfahrungen haben mich geprägt und mich motiviert, mich auch politisch zu engagieren.
Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?
Es gibt nicht das eine Ereignis, sondern eher viele Erlebnisse und Einschnitte in meinem Leben, die mich geprägt haben. Am entscheidendsten war wohl die Friedliche Revolution und die Wiedervereinigung – auch wenn ich da erst zehn Jahre alt war. Aber ohne die Frauen und Männer, die damals für Freiheit und Demokratie auf die Straße gegangen sind, hätte ich wohl nicht studieren können und hätte heute definitiv nicht die Möglichkeit mich in einem Amt für unseren freiheitlichen Rechtsstaat einzubringen.
Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?
Auf diese Frage gibt es weder die eine Antwort, noch die eine Lösung. Klar ist, dass die Globalisierung nur gerecht gestaltet werden kann, wenn eine ökologisch-moderne Wirtschaft besteht und Frieden gesichert ist. Und die Antwort darauf kann nur Europa und die Europäische Union sein.
Gerade während der Coronakrise wurde vieles deutlich: sei es das Agieren der Regierungen der Nationalstaaten, die sich gegen eine europäische Lösung entschieden haben und ihre Grenzen wieder geschlossen haben. Seien es die Einschränkungen bei der Ausübung von Grundrechten, wie der Demonstrationsfreiheit. Seien es die vielen Frauen, die in unserem Gesundheitssystem arbeiten und deren Einsatz auch finanziell angemessen gewürdigt werden muss. Aber sei es auch die Klimakrise, die trotz Corona selbstverständlich weiter existiert und ein Handeln dringend nötig macht. Denn eine zweite Erde, auf die wir umziehen können, gibt es nicht.
Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?
Mich beeindrucken Menschen – egal ob jung oder alt – die sich engagieren und etwas verändern wollen, sei es für unser Klima, für eine offene und vielfältige Gesellschaft oder für den Spielplatz oder den Radweg um die Ecke. Dabei ist es erstmal völlig egal, ob es ein einmaliges oder dauerhaftes Engagement ist – entscheidend ist, dass man allein oder gemeinsam etwas zum Positiven verändert.
Was ist dein aktuelles Lieblingslied?
Ein aktuelles Lieblingslied habe ich nicht. Aber am 1. Juli zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Deutschlands war ich auf einem Empfang in Prag. Dort wurde von einer deutsch-tschechischen Gruppe in Englisch, Tschechisch und Deutsch die „Ode an die Freude“ musikalisch und schauspielerisch inszeniert. Jedes Mal, wenn ich die „Ode an die Freude“ höre bekomme ich Gänsehaut – nicht zuletzt als an einem dieser Montage in Dresden die Semperoper ihre Fenster öffnete und die Musiker*innen diese Hymne für den Frieden über den Theaterplatz erklingen ließen.
Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?
5.000 Euro sind viel Geld, gerade für kleine Vereine. Ich würde das Geld aufteilen um Engagement für Vielfalt und gegen Diskriminierung, für Mädchenarbeit und – weil diese oft vergessen werden – einen Verein, der sich um Haftentlassene kümmert, zu unterstützen.
Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?
Ich bin auf einigen Kanälen unterwegs, mal mehr mal weniger aktiv, mal mehr oder weniger politisch:
https://twitter.com/ka_meier
https://www.facebook.com/gruene.katja.meier
www.instagram.com/katjagruen
Ort der Aufnahme: Fernbusterminal, Leipzig
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