Ilka Brühl

Immer wenn ich Ilka treffe, bin ich von ihrem Wesen fasziniert. Es ist so, als würden wir uns Jahre kennen und eine lange Freundschaft pflegen. Die Gespräche mit ihr gehen unter die Haut. Ilka hab ich 2016 als Model kennengelernt; seit diesem Moment verfolgte ich ihre Verwandlung. Sie setzt sich für die Gleichheit der Menschen ein und hat mittlerweile einen Podcast mit dem Namen: „Du bist wunderbar!„. Lest ihr Interview, taucht in ihre Gesichte ein und abonniert ihre Kanäle. Denn Ilka ist wahrhaftig „wunderbar!“

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Seit einiger Zeit versuche ich anderen Menschen zu mehr Lebensfreude und Zufriedenheit zu verhelfen. Ich wurde mit einer Gesichtsspalte geboren, was bedeutet, dass mein Gesicht nicht richtig verschlossen war. Stattdessen war meine Lippe hin zur Nase gespalten, was man dank der modernen Medizin weniger sieht. Lange Zeit habe ich mich aber komplett über diesen „Makel“ definiert, war sehr schüchtern und voller Selbstzweifel. Menschen habe ich direkt in zwei Kategorien eingeteilt:

die Hübschen, die was erreichen können, die tolle soziale Kontakte haben können, Karriere machen können … und solche wie mich. Mittlerweile finde ich es selbst unglaublich verrückt, wie viel Macht ich dieser Gesichtsspalte über mein ganzes Leben gegeben habe. Doch die ganze Energie, die vorher in Selbstzweifel und Selbstmitleid geflossen ist, ist jetzt freigesetzt in den Drang, anderen zu helfen. Denn ich weiß noch ganz genau, wie ich mich jeden Tag gefühlt habe. Wie furchtbar ausgeschlossen ich mich aus der Gesellschaft gefühlt habe, in der uns mehr oder weniger subtil doch in jedem Film, jeder Werbung und so vielem mehr aufgezeigt wird, dass makellose Schönheit das absolute Ideal ist. Und es macht mich so furchtbar wütend, dass es da draußen gerade andere gibt, die noch da sind, wo ich vor ein paar Jahren stand. Doch genau diese Energie will ich nutzen, um diesen Personen zu helfen.

Wofür kämpfst du?

Ich kämpfe dafür, dass unsere Vielfalt als etwas Positives betrachtet wird und wir lernen, unsere Stärken zu nutzen, anstatt sich über die Schwächen zu ärgern. Wir könnten so viel erreichen, wenn wir Menschen ein gemeinschaftlicheres Denken entwickeln würden. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass wir weniger Probleme auf der Welt hätten, wenn mehr Menschen in sich selbst ruhen würden.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Seit Ende 2014 poste ich Bilder, die Fotografen von mir machen, auf meinem Instagram-Kanal, um zu zeigen, dass es mehr gibt als symmetrische, makellose Gesichter. Anfangs war das eher eine Selbsttherapie und nicht wirklich geplant. Seit ca. 2017 ist dieser Drang zu helfen in mir gewachsen, weshalb ich vermehrt auch meine Meinungen und Erfahrungen geteilt habe.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Eine Studentenparty mit Anfang 20. Da war dieser Kerl, der mich erst nur von hinten gesehen hat und dann mit seinen Kumpels an mir vorbeiging. Dabei drehte er sich um und sah zum ersten Mal mein Gesicht. Er hätte einfach weitergehen können. Hat er aber nicht. Stattdessen brüllte er durch die ganze Party: „Die hätte ich gerade fast angesprochen. Alter ist die hässlich!“ Bämm. Das tat so weh. Ich habe mich so unglaublich verletzt und hilflos gefühlt und war völlig überfordert mit der Situation. Ich habe die Party verlassen und mir geschworen, dass ich mich nie mehr durch einen solchen Kommentar so runterziehen lassen will.  Ich denke häufig an diese Situation zurück, wenn ich mich frage, ob das was ich tue überhaupt einen Einfluss hat. Dann greife ich diese Wut, die ich mittlerweile nur noch ob solcher Blödheit empfinden kann und wandel sie in meinen Antrieb. Denn niemand, absolut niemand hat das Recht, mich so fühlen zu lassen.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Ich wünschte, es wäre eine weniger oberflächliche Welt. Seien es die sozialen Medien, Filme, Werbung, etc. die so viel diversere Models, Schauspieler, Interviewpartner, … zeigen könnten und somit den Fokus auf wichtigere Werte als das Aussehen legen könnten. Ich will nicht sagen, dass es keine Models mit makellosen Gesichtern mehr geben sollte, sondern dazu aufrufen, die Vielfalt des echten Lebens abzubilden. Denn ich glaube, dass gerade Jugendliche so viele Ansichten daraus ableiten und es viel schwerer haben, da sie selbst noch nicht in ihrer Meinung gefestigt sind. Außerdem würde ich mir wünschen, dass auch psychische Themen weiter enttabuisiert werden, denn es hilft sehr über seine Gefühle reden zu können. Im Bildungssystem könnte man Inhalte der Persönlichkeitsentwicklung, Meditationen und Achtsamkeitsübungen einbringen, damit die jungen Erwachsenen nicht nur komplizierte Gleichungen lösen können, sondern auch gefestigte Persönlichkeiten entwickeln.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Ich bewundere Menschen, die voller Lebensfreude sind, obwohl sie schon durch schwierige Situationen gehen mussten. Allgemein finde ich kaum etwas so anziehend, wie Menschen, die von innen heraus strahlen. Jeder kennt solche Personen, in deren Umfeld man sich einfach gut fühlt, weil sie eine positive Energie verbreiten. Das sind für mich kleine Helden des Alltags, weil sie andere damit anstecken und gegen die häufige Meckermentalität wirken.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Die Frage ist immer super schwierig, weil ich Musik liebe und einen sehr vielfältigen Geschmack habe. Es wäre unvorstellbar furchtbar, wenn ich taub wäre. Ich vergöttere die Musik aus den 60ern und 70ern, kann auf Trashpartys mit 90er, 2000er Musik richtig abgehen. Wenn ich stimmungsvolle Indie-Musik höre, werde ich teilweise so ergriffen, dass ich wirklich Tränen in den Augen habe. Irgendwie kann ich jedem Genre was abgewinnen, es muss einfach immer zur Situation passen. In den letzten Jahren sind auch einige tolle deutsche Interpreten in meine Playlists gewandert. Momentan habe ich so zwei, drei Lieder, die ich immer wieder höre, möchte hier aber „Kein Modelmädchen“ von Julia Engelmann nennen, weil es auch gleichzeitig zu meiner Message passt.

(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Es gibt sehr viele Organisationen, die das Geld verdient hätten. Sollte ich jetzt gerade spenden, würden es wahrscheinlich Kinderlachen eV bekommen, die sich für die Bedürfnisse und Anliegen von kranken und hilfsbedürftigen Kindern stark machen. Mir ist insbesondere die Hilfe und Förderung von Kindern und Jugendlichen wichtig.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Sehr gerne auf meiner Website www.ilka-bruehl.de. Von dort kommt man auch zu meinem Instagram-Kanal und Podcast, in denen ich positive Denkanstöße geben möchte.

Ort der Aufnahme: Feldweg bei Naunhof

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