Hanna Rotzinger
Warum wird die Seenotrettung so verteufelt? Gerade in diesen Zeiten, wo Moria abgebrannt ist und die europäische Politik auf ganzer Linie versagt und man eben nicht auf die Menschen, sondern nur auf die nächste Wahl und die Stimmung schaut. Nun wird es umso wichtiger, den Fokus auf die Leute zu lenken, die sich engagieren. Eine Person, die ich vor ein paar Wochen kennenlernen durfte, ist Hanna. Hanna ist bei der Seebrücke Leipzig aktiv, was sie dort macht und bisher alles erlebt hat, könnt ihr jetzt hier nachlesen:
Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?
Ich bin Teil der Seebrücke Leipzig und engagiere mich für die Legalisierung der Seenotrettung und sichere Fluchtrouten sowie für die Aufnahme von möglichst vielen Geflüchteten in der „Sicherer Hafen“-Stadt Leipzig.
Was sind deine Aufgaben?
Meine Aufgaben drehen sich zur Zeit viel um die Struktur unserer Ortsgruppe, wenn nicht gerade eine Aktion ansteht. Bei Aktionen wechseln die Aufgaben oft. Von Filmaufnahmen koordinieren bis Redebeitrag halten war schon Einiges dabei.
Wofür kämpfst du?
Ich kämpfe für eine gerechtere Gesellschaft, in der deine Herkunft und deine Hautfarbe nicht mehr den Ausschlag geben, mit wie vielen Privilegien du ausgestattet wirst und in der Zusammenarbeit wichtiger ist als sich durchsetzen können.
Wann hat dein Kampf begonnen?
Mein Kampf hat 2010 nach meinem Freiwilligendienst in Peru begonnen. Inzwischen halte ich diese Art von Freiwilligendiensten, bei denen unqualifizierte Menschen aus dem globalen Norden in den globalen Süden reisen, um angeblich irgendwas besser zu machen, für falsch, weil sie Ungerechtigkeit weiter verstärken. Nichtsdestotrotz hat mir mein Freiwilligendienst für die rassistischen Strukturen, die unserer Gesellschaft zu Grunde liegen die Augen geöffnet.
Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?
Ich bin erst seit 2017 in Leipzig. Während meiner Zeit in der Stadt hat mich wahrscheinlich die Abschiebung einer Person in der Hildegardstraße letzten Sommer am meisten geprägt. Es war echt beeindruckend zu sehen, wie viele Leute sich in kürzester Zeit mit der Person, die abgeschoben werden sollte und ihrer Familie solidarisiert haben. Der Protest war außerdem endlich mal ein bisschen diverser und dazu noch kreativ. Verdammt erschreckend fand ich, wie die Polizei auf die Situation reagiert hat.
Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?
Die überfüllten europäischen Geflüchtetenlager müssen evakuiert werden. Die Entscheidungsträger:innen der EU gefährden mit ihrer Ignoranz und ihrem Nichtstun das Leben Tausender von Menschen. Außerdem muss die Zurückdrängung von Flüchtenden auf dem Mittelmeer ein Ende haben. Dass die Strategie nicht funktioniert, ist inzwischen mehr als klar. Wenn die EU es tatsächlich so ernst meint mit den Menschenrechten, sollte sie endlich ihre Verantwortung anerkennen und für sichere Fluchtrouten sorgen. Das wären natürlich nur erste Schritte in die richtige Richtung. Die Situation für Geflüchtete in Deutschland zu verbessern, zum Beispiel dadurch, dass alle eine Krankenversicherung erhalten, wäre auch eine Maßnahme, die eigentlich schon lange fällig ist.
Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?
Ich habe sau viel Respekt vor den Geflüchteten, die protestieren und Anzeige gegen die Betreiber:innen ihrer Sammelunterkünfte stellen, weil die Covid-Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden. Auch die Menschen, die in den Camps die Kraft aufbringen, eigene Strukturen aufzubauen, wie die Moria White Helmets, finde ich bewundernswert.
Was ist dein aktuelles Lieblingslied?
Anthony Ramos – Mind over Matter
(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)
Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?
Die Hälfte würde ich an Organisationen der zivilen Seenotrettung wie Sea-Watch oder Mission Lifeline spenden. Die andere Hälfte würde ich an Projekte und Organisierungen von und für Geflüchtete spenden, wie Refugee4Refugees.
Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?
Ort der Aufnahme: Eisenbahnstraße, Leipzig
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