Eric Heffenträger

Ein Verein, der sich im Erzgebirge für eine offene Gesellschaft engagiert? Wow. Ich wurde neugierig und beschäftigte mich mit dem sächsischen Demokratiepreistäger 2018. Eric beschreibt, wie der Verein Agenda Alternativ e.V. mit politischen Widrigkeiten zu kämpfen hat und wie wichtig es ist, gerade im ländlichen Raum, sich zu engagieren. Für mich persönlich sind solche Projekte enorm wichtig. Auf dem Land in Sachsen fehlen eben oft Alternativen für Menschen, die aktiv werden wollen. Eric gibt da einen interessanten Eindruck, aber lest selbst:

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Ich bin seit vielen Jahren bei Agenda Alternativ e.V. im Erzgebirge aktiv. Mich treibt die Vorstellung an, junge Menschen mit Bildungs- und Kulturangeboten für Politik zu interessieren und gegen Ausgrenzungsmechanismen wie Rassismus, Sexismus oder Homophobie zu wirken. Außerdem sehe ich als eine Notwendigkeit an, alternative Kultur im ländlichen Raum zu bieten und Menschen zu „empowern“ – ihnen also dabei zu helfen, ihre scheinbar utopischen Ideen in die Realität umzusetzen.

Was sind deine Aufgaben?

Es gibt in unserem Verein keine klare Aufgabentrennung, sondern eher zwei „Fraktionen“. Ich z.B. beantworte Presseanfragen, schreibe Förderanträge, plane Veranstaltungen, netzwerke … Und das tun einige andere auch in unserem Verein. Die zweite Fraktion wiederum kümmert sich am liebsten um Handwerkliches: Sei es Strominstallationen, Bühnenbau, Zeltaufbau oder was auch immer. Das ergänzt sich wunderbar und ist gerade für Vorhaben wie das „Stains in the Sun„-Festival Gold wert.

Wofür kämpfst du?

Erstens für eine offene Gesellschaft, in der Herkunft, Hautfarbe, Religion, Gender oder Sexualität keine Rolle spielen. Und zweitens für mehr aktive Beteiligung und Interesse an Gesellschaft und politischen Geschehen.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Einen festen Zeitpunkt gibt es dafür nicht. Politisierung fand bei mir im Laufe der Zeit durch die Musik statt. Über Umwege kam ich früh zu Punk und Hardcore und befasste mich mit den Texten. Dazu ließ ich mir die Haare wachsen und zog Bandshirts an – schnell wirst du damit zu einer Zielscheibe auf’m Dorf. Ich musste mir genau überlegen, ob ich zum nächsten Dorffest gehe, denn dort gab es öfters körperliche Auseinandersetzungen. Also ging es zu kleinen vereinsinternen Konzerten in die Unanbeatbar, ein kleiner Laden in Schwarzenberg, in den Club in Johanngeorgenstadt oder ins AJZ Chemnitz, wenn sich ein Fahrer oder eine Fahrerin fand. Dort kam ich mit Bands und anderen Menschen aus dem Umkreis ins Gespräch, die den gleichen Mist durchmachen mussten. Uns war klar: Wir müssen den Arsch hochkriegen, wenn wir Nazis nicht die Meinungshoheit überlassen wollen. Doch statt mit Fäusten wollte ich lieber „armed with a mind“ sein (um „Have Heart“ zu zitieren).

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Spontan fallen mir zwei ein. Das erste liegt schon gut 13 oder 14 Jahre zurück. Mit ein paar Freundinnen und Freunden wollten wir im Wald zelten. Es war der 21. April – also ein Tag nach Hitlers Geburtstag. Wir saßen spätabends zusammen und quatschten, als aus dem Nichts vier oder fünf bullige Typen auftauchten, fragten, ob wir etwas gegen Nazis hätten und dann auf jeden und jede losgingen. Es ist für uns einigermaßen glimpflich ausgegangen, aber eben ein Beispiel aus der Bedrohungslage, der wir ausgesetzt waren.

Das zweite Ereignis ist eher ein längerer Zeitraum: Vergangenes Jahr wollten wir zum sechsten Mal unser Festival in Schwarzenberg durchführen und erst ein paar Wochen vor dem eigentlichen Datum wurde von der Stadt die Zulassung für uns als Verein wieder zurückgezogen. Was wir da miterleben mussten, war für uns eine riesige Enttäuschung. Dass es dann doch noch funktioniert hat, verdanken wir dem Mut und der Offenheit des Bürgermeisters der Nachbargemeinde. Es hat uns auch gezeigt: Irgendwie geht es weiter.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen nicht mehr nur vor dem TV, in privaten Gesprächen oder in den Sozialen Medien ihre Befürchtungen und ihr Missfallen gegenüber dem Erstarken rechter Bewegungen bekunden, sondern das mehr an die Öffentlichkeit tragen. Sei es durch Spenden, Mitarbeit, Besuch von Konzerten/Lesungen, Gründen von Bands oder was auch immer. Es gibt immer etwas zu tun.

Außerdem wünsche ich mir, dass die Veranstaltungen außerhalb von Leipzig und Dresden mit Gästen überhäuft werden. Jugendzentren und Clubs sind das beste Mittel gegen die Kälte, die vor der eigenen Haustür oft herrscht. Sie geben jungen Menschen Inspiration und das Handwerkszeug, selbst etwas auf die Beine zu stellen. Das sollte nicht nur in den großen Städten funktionieren, sondern eben auch „auf’m Land“.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Ich bewundere vor allem Menschen aus meinem nahen Umfeld. Meine Frau dafür, wie sie mit schwierigen Situationen umgeht und mit welcher Ruhe und Geduld sie sich engagiert. Meine Freundinnen und Freunde bei Agenda Alternativ dafür, wie sie ständig neue Ideen entwickeln und zum Teil viele Kilometer fahren, um weiterhin im Erzgebirge etwas auf die Beine zu stellen. Meine Eltern dafür, dass sie mir bei meinen Entscheidungen vertrauen. Und generell alle Menschen, die sich trotz vieler Hindernisse weiterhin gegen Diskriminierung engagieren.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Absolut schwierige Frage für jemanden, der viel Musik hört. Aber im Rahmen des Projekts „Herzkampf“ möchte ich meinen Kumpel tigeryouth mit dem Lied „Lauter“ empfehlen.

(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Ich würde es wahrscheinlich an mehrere Initiativen verteilen. Da möchte ich gerade keine konkreten nennen, weil die Gefahr zu groß ist, eine zu vergessen.

Alternativ könnte ich mir auch vorstellen, von dem Geld mehrmals einen Bus/Zug raus aus einer Großstadt hin zu einer Veranstaltung in einer Kleinstadt zu sponsern, um einfach mehr Leuten zu zeigen, wie viele coole Dinge in Grimma, Roßwein, Leisnig, Limbach-Oberfrohna, Zwickau, Schmalzgrube oder oder oder gehen.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Ort der Aufnahme: Wildpark, Leipzig

 

Support Herzkampf

Herzkampf ist ein Projekt, was von einer einzelnen Person gestemmt wird. Es kostet Zeit, Geld und ist aufwendig, jede Woche einen neuen aktiven Menschen vorzustellenFalls ihr die Seite gut findet, könnt ihr das Projekt entweder per Paypal oder bei Steady unterstützen. Falls euch das Herzkampf-Logo gefällt könnt ihr auch Shirts oder andere Produkte im Shop davon kaufen. Jeder Cent hilft.