Anne Kämmerer

Anne und ich haben uns durch einen sehr guten Freund kennengelernt. Sie engagiert sich in Sachsen in der Initiative „#PolizeigesetzStoppen„. Unser Fototermin war etwas ganz besonderes, da wir von einem Kameramann begleitet worden sind. Dabei entstand ein kleiner Film über das „herzkampf“ Projekt. Anne hatte damit kein Problem und wir unterhielten uns über ihren Weg und ihre aktuelle Initiative. Nur ein paar Tage später traf ich sie wieder, und zwar in Köthen, um gegen die Instrumentalisierung eines Mordes durch extreme Rechte auf die Straße zu gehen.

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Im Moment bin ich vor allem im Sprecher*innenteam von „Polizeigesetz stoppen“ aktiv. Dieses Bündnis hat sich zum Widerstand gegen das neue sächsische Polizeirecht gegründet. Die Regierung aus CDU und SPD hat nämlich vor, der Polizei umfangreiche Überwachungsbefugnisse an die Hand zu geben. Konkret geht es vor allem darum, dass bereits abgehört, überwacht, und observiert werden darf, ohne dass dafür ein konkreter Verdacht einer Straftat vorliegen muss. Die Definitionen im Gesetzentwurf sind so schwammig formuliert, dass diese Überwachungsmaßnahmen in der Praxis eigentlich Jede*n treffen können. Außerdem gibt es eine Reihe anderer gruseliger Erweiterungen, wie zum Beispiel die Ermöglichung gesichtserkennender Videoüberwachung innerhalb von 30 km zur polnisch/tschechischen Grenze und eine zunehmende Aufrüstung der Polizei. Wir kämpfen gegen dieses neue Gesetz und für die Freiheit vor massenhafter Überwachung.

Ich engagiere mich außerdem im Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ und bin Mitglied bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen.

Was sind deine Aufgaben?

Gemeinsam mit den anderen Sprecher*innen bin ich zuständig für die Organisation der Treffen und die Öffentlichkeitsarbeit unseres Bündnisses. Wir geben Interviews und schreibe Texte in den Sozialen Netzwerken, um unsere Kritik am Polizeigesetz zu erklären. Weil die Materie relativ komplex ist, ist es oft gar nicht so einfach, verständlich rüberzubringen, wie sich diese Gesetzesverschärfung auf den Alltag vieler Menschen auswirken kann.

Wofür kämpfst du?

Ich kämpfe dafür, dass aktives zivilgesellschaftliches Engagement endlich nicht mehr als potenziell verdächtig angesehen wird. Ich will in einer Gesellschaft leben, in der nicht Jede*r ständig den Gedanken im Hinterkopf haben muss, dass er gerade überwacht werden könnte. All die ganzen Verschärfungen der Sicherheitsgesetze und die rassistische Vermengung von Ausländer- und Strafrecht müssen erstmal endlich zurückgenommen werden. Dass wir davon zur Zeit so weit entfernt sind wie nie, finde ich furchtbar und es macht mir echt Angst.

Wann hat dein Kampf begonnen?


2011 hat die Regierung in Sachsen im Bildungsbereich viel gekürzt. Tolle Projekte für Kinder und Jugendliche, von denen es gerade im ländlichen Raum nicht all zu viele gibt, standen damit vor dem Aus. Das hat mich als Schülerin sehr bewegt. Auch die jährlichen Naziaufmärsche zum 13. Februar in Dresden, die verstaubte und völlig gestrige Erinnerungskultur und der Umgang der Polizei mit den Gegendemonstrant*innen hat mich politisiert. Ich konnte einfach nicht fassen, wie mit Menschen umgegangen wird, die ihr Grundrecht wahrnehmen und unsere Demokratie schützen. Nachdem ich mir bei einem sehr spannenden Schüler*innenpraktikum einen Eindruck von parlamentarischer Arbeit verschaffen konnte, kam es dann so, dass ich Mitglied bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Meißen geworden bin. So hab ich angefangen, mich politisch zu engagieren.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Da gibt es Einige und es sind meistens Situationen auf Versammlungen gewesen. Sehr krass war das flächendeckende auslesen von Mobiltelefonen über komplette Stadtteile bei der großen Demo am 19. Februar 2011, als sich tausende Antifaschist*innen dem damals noch größten Naziaufmarsch in ganz Europa in den Weg stellten. Als rauskam, dass die halbe Stadt an diesem Tag über mehrere Stunden ausgelesen wurde, hab ich mich echt gefragt, ob es hakt. Aber auch andere Situationen, in denen ich das Gefühl hatte, dass die Polizei Demoteilnehmer*innen nicht vor Nazis schützen (konnte), dafür aber sehr wohl in der Lage war, unverhältnismäßige Maßnahmen gegen die Gegendemonstrant*innen durchzuführen.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Viel zu viel.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Für mich sind in letzter Zeit vor allem die Menschen bewundernswert, die sich still und leise aber unglaublich fleißig in zahlreichen Vereinen und Bündnissen engagieren und dafür sorgen, dass Veranstaltungen funktionieren und Absprachen eingehalten werden. Sie tun das meist ohne dass andere etwas davon mitbekommen. Die reißen richtig was und ohne diese coolen Leute wäre ziemlich viel nicht möglich.

Ein Vorbild hab ich dann aber doch: Claudia Roth. Weil sie einfach fetzt – ihre unkonventionelle Ausstrahlung, ihre ehrliche Emotionalität und ihren Kampfgeist finde ich wahnsinnig inspirierend.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Ehrlich gesagt habe ich letztens auf einer Playlist den Song Doo-Wop von Lauryn Hill mal wieder gehört und er geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf.(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Ich würde das Geld teilen. Den einen Teil würde ich an unser Bündnis geben. Den anderen würde ich an den Verein Buntes Meißen e.V. spenden. Dieser Verein entstand, als Reichsbürger 2013 ein Fest auf den Meißner Elbwiesen planten. Daraufhin planten verschiedene Menschen aus unterschiedlichen Strukturen ein Fest der Vielfalt und so entstand der Verein. Damals war er noch ganz klein aber mittlerweile sind so tolle Projekte zur internationalen Begegnung entstanden, wie beispielsweise der Internationale Garten und das Atelier Frauenvielfalt. Ich freu mich wahnsinnig darüber, dass es diesen Verein in Meißen gibt.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Unserem Bündnis kann man auf FacebookTwitter und Instagram folgen. „Polizeigesetz stoppen“ hat eine schicke Homepage, dort könnt ihr euch über unsere Kritik zum geplanten Polizeigesetz informieren – oder noch besser, ihr unterstützt unseren Aufruf und macht mit! <3

Ort der Aufnahme: Bayerischer Bahnhof, Leipzig

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