Carolin Münch

Ich hatte schon viel über den Bon Courage e.V. in Borna gelesen und war sehr erfreut mich mit Caro zu treffen. Als wir durch Borna streiften, um die Fotos aufzunehmen, konnten wir kaum 50 Meter laufen, weil Caro immer jemand kannte und grüßte. Sie hat mit vielen anderen Menschen in Borna über 10 Jahre hinweg eine Idee entwickelt, weiterverfolgt und -nicht- aufgegeben. Mit ihrer positiven Art schafft sie es, schwierige Themen anzugehen und bewirkt mit verschiedene Beratungs- und Projektangeboten direkt in Borna etwas. Gerade nach der Landtagswahl, ist es wichtig Vereine wie Bon Courage weiter zu unterstützen und sich solidarisch zu zeigen! Was Caro dazu bewegt hat, diesen Verein zu gründen und wie es ihr in den letzten Jahren ergangen ist könnt ihr jetzt hier nachlesen: 

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Im Jahr 2007 war ich Gründungsmitglied von Bon Courage e.V. in Borna (b. Leipzig) und bin seitdem dort aktiv. In Anbetracht der Hegemonie rechter Strukturen in und um Borna haben wir in den ersten Jahren hauptsächlich antifaschistische und politische Aufklärungs- und Bildungsarbeit gemacht. Auch wenn der Gründungshintergrund damals ein anderer war, hat sich mein persönlicher Arbeitsschwerpunkt durch die zufällige Begegnung mit einer afghanischen Flüchtlingsfamilie im Jahr 2009 dann erweitert und seitdem arbeiten wir vorwiegend im Themenfeld Flucht, Asyl und Migration. Das heißt wir unterbreiten seither verschiedene Beratungs- und Projektangebote mit und für geflüchtete Menschen und wollen dadurch Räume öffnen und Möglichkeiten schaffen, die vor allem Geflüchtete dazu animieren sollen, eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen, um damit letztlich das gesellschaftliche Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrations-/Fluchthintergrund nachhaltig mitgestalten und fördern zu können. Um die Teilhabe- und Mitgestaltungschancen zu erhöhen bzw. überhaupt erst zu ermöglichen, verfolgen wir dabei zwei, nicht voneinander trennbare, Ansätze. Zum einen sollen diverse Informations-, Aufklärungs- und Beratungsangebote Menschen mit Migrations-/Fluchthintergrund den Zugang zu wichtigen Informationen, die ihr Leben betreffen, sicherstellen, mit dem Hintergedanken, damit überhaupt erst eine Grundlage für eigenverantwortliches Handeln zu schaffen. Zum anderen soll mit verschiedenen Maßnahmen und Projekten, unter Heranziehung des Empowerment-Ansatzes, das Selbstvertrauen von Geflüchteten gestärkt und Hilfe zur Selbsthilfe angeboten werden.

Was sind deine Aufgaben?

Durch die vielfältigen Betätigungsfelder von Bon Courage e.V. sind die Aufgaben nicht klar zu differenzieren. Im Rahmen der Beratungstätigkeit berate ich schwerpunktmäßig geflüchtete Menschen bei asyl- und aufenthaltsspezifischen Fragen und Problemen. Unser Fokus liegt darauf, Menschen über den Ablauf ihres Asylverfahrens und die damit einhergehenden Rechte und Pflichten zu informieren und im Falle negativer Entscheidungen für geduldete und besonders abschiebegefährdete Personen eine Bleibeperspektive zu entwickeln. Neben der Beratung unterbreiten wir diverse Aufklärungs- und Bildungsangebote im Themenfeld Flucht, Migration und Asyl und zusätzlich koordiniere und plane ich zahlreiche Projekte im besagten Themenfeld.

Wofür kämpfst du?

Ich zitiere von einer Postkarte, welche über meinem Schreibtisch hängt und welche mir die Notwendigkeit und den Sinn meines Tuns täglich bestärkt. „Alles muss bekämpft werden, was Menschen klein und ohnmächtig hält. Alles was Menschen erzählt, sie seien dumm, hässlich, wertlos und selber schuld an ihrem Schicksal. Alle Verhältnisse, die uns ausbeuten, uns zerstören und uns immer wieder unerfüllt wünschen lassen.“

Wann hat dein Kampf begonnen?

Als wir Bon Courage e.V. im Jahr 2007 gegründet haben, war ich 16 Jahre alt, aber der eigentliche Kampf gegen Nazis begann schon ein paar Jahre eher, als wir uns fast täglich gegen die gewaltbereite Neonaziszene in Borna zur Wehr setzen mussten.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?


Die Abschiebung einer guten Freundin und ihrer Tochter im Jahr 2013, welche wir bis zum Abflug der Chartermaschine vergebens versucht haben, zu verhindern. Die Mutter litt nicht nur unter schweren psychischen Problemen sondern war zum Zeitpunkt der Abschiebung auch noch schwanger und kurz vor der Eheschließung mit einem Deutschen. In meiner damaligen Naivität, dass diese Gründe als Abschiebehindernis in letzter Sekunde noch gerichtlich anerkannt werden, gab ich der Tochter in der Abschiebenacht, als sie gerade weinend und von Polizisten umringt ihre Koffer packen musste das Versprechen, sie heute wieder mit nach Hause zu nehmen. Mit ihrem Vertrauen darauf fuhren wir dem Polizeiauto hinterher, welches sie von Borna zum Abschiebeflughafen nach Baden-Baden brachte. Als wir dann mit ansehen mussten, wie sich das Flugzeug in Bewegung setzt, musste ich mir selbst eingestehen, dass ich ein Versprechen gebrochen und das Vertrauen eines Kindes verloren habe. Nach einem jahrelangen Behördenkampf und Dank der Unterstützung zahlreicher Menschen, haben wir es dann aber geschafft, die Familie wieder nach Deutschland zu holen. Dieses Ereignis hat mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass Solidarität die größte Waffe ist, mit welcher jedes Ziel erreicht werden kann und es sicher immer lohnt, auch für den Einzelfall zu kämpfen.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Die deutsche und europäische Asyl- und Grenzpolitik, welche seit Jahren durch ständige Gesetzesverschärfungen grundlegende Menschenrechte immer weiter einschränkt, muss radikal geändert werden. Dahingehend bewegt mich die Entscheidungs- und Abschiebepraxis bezüglich Afghanistan gerade am meisten, da uns die leidvollen Auswirkungen dieser Politik gerade täglich vor Augen geführt werden.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Viele Menschen, denen ich tagtäglich begegne, haben in ihrer Gesamtheit und in Anbetracht ihrer schwierigen Lebensverhältnisse immer Wesenszüge an sich, welche ich bewundernswert finde. Meine Schwester Sandra, welche den Weg bei Bon Courage e.V. von Anfang an mit mir gemeinsam geht, ist jedoch der Mensch, der meine größte Anerkennung und Bewunderung genießt. Es ist sehr wichtig, in diesem täglichen Wahnsinn nicht alleine zu sein und einen Menschen an der Seite zu haben, welcher die gleichen Kämpfe führt und welcher die schönen, aber auch sehr prägenden Erfahrungen der letzten Jahre mit einem teilen kann und dir immer wieder Mut gibt, weiter für seine Ziele und Überzeugungen zu kämpfen. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, warum hier in der Umgebung das Wort „Münch-Schwestern“ oft als Synonym für Bon Courage e.V. verwendet wird.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Es gibt nicht das eine Lied, aber eines welches sich seit Jahren immer wieder in meiner Playliste erscheint ist „Brennen“ von Früchte des Zorns.(Diesen Song findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Vielleicht einem kleinen Verein oder einer Initiativen mit einer tollen Projektidee, für welche es schwer wird eine Förderung zu bekommen. In Anbetracht der Wahlen gehe ich aber davon aus, dass auch Bon Courage e.V. in Zukunft größere Förderungsprobleme bekommen wird und daher würde ich nicht nur einen Teil meines monatlichen Gehalts, sondern auch die 5000€ an uns spenden.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

Unserer Homepage www.boncourage.de versuchen wir eigentlich immer aktuell zu halten und auch über uns, den Verein und die laufenden und vergangenen Projekte lässt sich dort viel nachlesen. Auf der Homepage gibt es auch einen Ausschnitt aus unserer Broschüre „Nur Mut! Rückblick und Reflexion – 10 Jahre Bon Courage e.V. – Antirassismus- und Flüchtlingsarbeit im ländlichen Raum“. Mit dieser haben wir versucht, die Ereignisse und den vereinsinternen Entwicklungsprozesse der vergangenen 10 Jahre im Zusammenhang zu erfassen und intensiv zu reflektieren, um Erfolge, aber auch Rückschläge sichtbar zu machen und die Ursachen zu analysieren. Die Broschüre kann bei uns kostenfrei bestellt werden.

Ort der Aufnahme: Breiter Teich, Borna

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