Sophia Tabea Salzberger

Sophia hat mich von der ersten Sekunde an begeistert. Jemand, der mit 17 schon so weit denkt und kurz vor Weihnachten die erste Demo organisiert, hat meinen vollsten Respekt. Was habt ihr so mit 17 gemacht?  Sophia steht hinter „Fridays For Future“ in Leipzig und war mit 14 das erste Mal auf einer No-Legida Demo. Allgemein herrscht das Vorurteil, die Jugend würde sich nicht für Politik interessieren. Gerade sieht man durch die Schulstreiks, dass es eben genug junge Menschen gibt, die eigene Zukunftsvorstellungen haben und auch bereit sind, darüber zu streiten. Greta hat eine Welle losgetreten, die hoffentlich stetig weiterwächst. Ich bin so dankbar, dass es solche Leute wie Sophia in Leipzig gibt. Lest über ihre Erfahrungen und darüber, wie sie die ersten selbstorganisierten Demos erlebt hat:

Wo bist du aktiv und wofür engagierst du dich?

Richtig öffentlich in Erscheinung getreten bin ich erst vor Kurzem mit Fridays For Future. Im Rahmen der weltweiten Jugendbewegung habe ich vergangenen Dezember die erste Protestaktion in Leipzig gestartet, die seither stetig wächst. Mit unseren Protestaktionen wollen wir auf den Klimawandel aufmerksam machen und uns für eine zukunftsfähige Klimapolitik einsetzen.

Daneben bin ich immer noch in der von mir mitgegründeten Schülerzeitung (3Etagenleben) aktiv, als Landesvorsitzende der Jugendpresse Sachsen e.V., einem Verein, der durch Veranstaltungen und Projekte die Medienkompetenz junger Menschen fördert, tätig und Mitglied des Jugendrats der Generationenstiftung.

Was sind deine Aufgaben?

Bei Fridays For Future kümmere ich mich gemeinsam mit anderen um die Organisation und Anmeldung unserer Protestaktionen sowie die Öffentlichkeitsarbeit. Das trifft auch in gewissen Maße auf meine anderen Aktivitäten zu: Mal Mails schreiben, dann eine Veranstaltung planen, einen kleinen Artikel schreiben, Werbung auf Social Media machen, Förderungen beantragen, neue Projektideen sammeln und umsetzen und vor allem die gemeinsame Arbeit im Team koordinieren.

Wofür kämpfst du?

Ich finde es schwierig zu sagen, dass es genau eine Sache gibt, für die ich kämpfe, denn es sind viele verschiedene Dinge. Im Rahmen von Fridays For Future kämpfe ich gegen den Klimawandel. Einhergehend damit auch für Klimagerechtigkeit, damit der Globale Süden nicht unter unserer westlichen Lebensweise leiden muss. Desweiteren ist auch klar, dass die Folgen des Klimawandels vor allem meine Generation und alle uns nachfolgenden Generationen betreffen, weshalb ich mich auch für Generationengerechtigkeit stark mache. Das steht wiederum in Verbindung mit dem Jugendrat, in dem wir uns für Generationengerechtigkeit auf allen Ebenen stark machen, nicht nur Klima, sondern auch Rente, Bildung uvm.

Bildung wiederum ist einer der wesentlichen Aufträge der Jugendpresse Sachsen und gleichzeitig versuche ich mit diesem Verein, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben sich auszuprobieren und zu engagieren.

Wann hat dein Kampf begonnen?

Mein erster politischer „Kampf“ begann als ich 14 Jahre alt war und jeden Montag gegen Legida demonstrierte. Gleichzeitig engagierte ich mich mehr und mehr in meiner Schule und von da aus entwickelte sich mein außerschulisches Engagement.

Mein Kampf gegen den Klimawandel und allgemein gegen die generationenungerechte Politik, die keineswegs zukunftsfähig ist, begann nach und nach vor ungefähr zwei Jahren: Erst bei mir selbst, indem ich mich vegetarisch, mittlerweile vorwiegend vegan ernähre und versuche, so sparsam wie möglich zu leben, dann fing ich an meine Umwelt zu beeinflussen und fand schließlich im Jugendrat der Generationenstiftung und bei Fridays For Future die Möglichkeit endlich auch aktiv und öffentlich mich für eine nachhaltige Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einzusetzen.

Welches Ereignis hat dich am meisten geprägt?

Es waren wohl viele verschiedene Momente, die mich geprägt haben. Vor allem die Momente, in denen mein Idealismus nur belächelt wurde. Zum Beispiel zu Weihnachten, wenn ich mir „einfach“ Frieden wünschte statt materieller Geschenke. Das vergangene halbe Jahr betrachtend gab es wohl drei sehr prägende Momente: Erstens eine hitzige Diskussion mit meinem Großvater, die mal wieder damit endete, dass er sich aus der Verantwortung herauszog und meinte, dass ich alle Probleme in Zukunft schon lösen würde, in Bezug auf Klimawandel, die Ausbeutung des Globalen Südens, die Zukunft der Rente in Deutschland etc. Da ist mir der Kragen geplatzt: warum wird mir bereits jetzt, mit 18, damals noch 17 Jahren, schon die Verantwortung für die Lösung aller Probleme übertragen? Warum wird die Lösung jener Problem aufgeschoben? Warum wird einfach tatenlos auf die Zukunft gewartet? Es ist verdammt nochmal die Verantwortung aller, die Welt so zu behandeln, dass wir, die künftige Generation, sowie unsere Kinder, Enkelkinder und alle nachfolgenden Generationen nicht unter den Folgen leiden werden.

Ein zweiter prägender Moment war meine erste selbstorganisierte Spontanversammlung für Fridays For Future. Am Donnerstagabend vor Weihnachten malte ich relativ planlos zwei Plakate, schrieb eine Demoeinladung an alle meine Freund*innen und Bekannten in Leipzig, die sich über Nacht verbreitete, und organisierte ohne jegliches Vorwissen zum Versammlungsrecht eine Spontanversammlung am Freitag. Überraschenderweise kamen 27 Menschen, die mit mir am Wilhelm-Leuschner-Platz im Regen standen und demonstrierten. Das Erstaunliche daran war, dass ich die meisten davon noch gar nicht kannte. Zu Erleben, dass über Nacht völlig Fremde sich zusammenschließen für ein gemeinsames Ziel, war wahnsinnig motivierend, was mich zu dem dritten prägenden Moment bringt: unserer Demo am 18.01.2019, der Tag, an dem ich zufälligerweise 18 wurde und gemeinsam mit 700 Menschen durch die Innenstadt demonstrierte. Gemeinsam mit den Menschen, die ich einen Monat zuvor noch nicht einmal kannte, hatte ich nun einen riesigen Schulstreik organisiert, der an allen Schulen Gesprächsthema Nummer 1 war und gefühlt die gesamte sächsische Medienlandschaft interessierte. Der Trubel, die Begeisterung, die Gemeinschaft und die Energie einer solchen Demonstration rechtfertigt den unglaublichen Stress und die Anspannung der Tage zuvor.

Was würdest du an der aktuellen Situation ändern wollen?

Unter dem Klimaaspekt gesehen, wünsche ich mir für Deutschland die sofortige Energiewende, ebenso eine Verkehrswende und ökologische Landwirtschaft ohne Massentierhaltung. Global gesehen möchte ich das alle Länder vereint gegen den Klimawandel vorgehen, sich für mehr Umweltschutz einsetzen und dabei vor allem aufhören, den Globalen Süden auszubeuten.
Unabhängig davon wünsche ich mir, dass alle, egal ob jung oder alt, sich für ihre Ideale einsetzen. Sooft erlebe ich, wie andere sagen, dass sie meine Ziele und Interessen ja auch gut und unterstützenswert fänden, aber oft bleibt es nur bei Worten. Statt sich an die eigene Nase zu fassen und etwas am eigenen Leben zu ändern, auf die Straße zu gehen, sich sozial und politisch zu engagieren, bleiben sie auf der Couch sitzen und beobachten im Fernseher wie die Welt ohne ihr Zutun an ihnen vorbeizieht und sich dabei nicht so entwickelt, wie sie vielleicht wollen. Das finde ich einfach nur schrecklich.

Natürlich müssen wir miteinander reden und diskutieren, doch wir müssen auch handeln. Worte ohne Taten bleiben das, was sie sind – ein paar aneinandergereihte Buchstaben die im Nichts verhallen.

Welche Menschen / Einzelpersonen bewunderst du?

Ich bewundere und schätze ganz viele Personen. Das fängt bei den „Großen“ dieser Welt und der Geschichte an, wie zum Beispiel Mahatma Gandhi, Nelson Mandela und Martin Luther King Jr., die ich sehr inspirierend finde, weiter über aktuell öffentlich erscheinende Persönlichkeiten, wie Greta Thunberg, die ohne wenn und aber für ihre Ideale und Ziele einsteht und nicht zuletzt all die Menschen, die in ihrem Alltag unbemerkt großartiges leisten und ohne die und deren (ehrenamtliches) Engagement, es um einiges trister in unserer Welt aussähe.

Ganz persönlich bewundere ich auch meine Eltern. Ich bewundere sie dafür, dass sie mir die Freiheiten gewähren, das zu tun, was ich will, und dass sie mir den Rücken frei halten, damit ich meinen Weg nach vorne gehen kann.

Was ist dein aktuelles Lieblingslied?

Schwierige Frage… Ich höre persönlich am liebsten Filmmusik (z.B. „Time“ aus „Inception“ von Hans Zimmer), aber gerade im Zusammenhang mit meinem politischen Engagement finde ich die Demo-Klassiker wie „Schrei nach Liebe“ und „Deine Schuld“ immer noch sehr gut.

(Diese Songs findet ihr in der „herzkampf“-Playlist bei Spotify)

Wenn ich dir 5000€ schenke und du müsstest das Geld spenden, wohin würdest du es aktuell spenden?

Ich würde es teilen. Zum einen können bereits kleine Beiträge zur Aufforstung des Regenwaldes beitragen, auf der anderen Seite fällt mir sofort die Seenotrettung ein, die jeden Cent für ihre lebensrettende Arbeit gebrauchen kann. Darüber hinaus gibt es unzählig viele kleine Projekte, die ich unterstützenswert finde.

Gibt es Links oder Texte wo man sich näher über dich oder deine Institution informieren kann?

https://fridaysforfuture.de ist die bundesweite Website von Fridays For Future, daneben haben wir sowohl auf TwitterInstagram und Facebook einen Account für die Leipzig-Gruppe.

Meine anderen Aktivitäten betreffend gibt es noch: https://jugendpresse-sachsen.dehttps://wirkuendigen.de und https://3etagenleben.wordpress.com

Ort der Aufnahme: Ende Gelände Demo am 02.02.2019 am Willy-Brandt-Platz, Leipzig

Support Herzkampf

Herzkampf ist ein Projekt, was von einer einzelnen Person gestemmt wird. Es kostet Zeit, Geld und ist aufwendig, jede Woche einen neuen aktiven Menschen vorzustellenFalls ihr die Seite gut findet, könnt ihr das Projekt entweder per Paypal oder bei Steady unterstützen. Falls euch das Herzkampf-Logo gefällt könnt ihr auch Shirts oder andere Produkte im Shop davon kaufen. Jeder Cent hilft.